Pricing-Newsletter No. 68 (2023): Die Komplexität des Pricing in den Griff bekommen: die Preis-Treppe als Werkzeug der Standardisierung
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
„eine der wichtigsten Aufgaben von Vorstand und Geschäftsführung ist es, die Komplexität des Pricing in den Griff zu bekommen. Ein zentrales internes Werkzeug dafür ist eine Vereinheitlichung der Preis-Treppe.“
Viel Spaß bei der folgenden Lektüre wünscht Ihnen
Ihr Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof
Komplexität im Pricing: durchaus wünschenswert
Eine der Kernfragen des strategischen Pricing führt uns zugleich in ein zentrales Dilemma: wie komplex ist Ihre Preis-Strategie, wie viele Regionen müssen marktgerecht abgebildet werden, welche Kundengruppen und Marktsegmente benötigen eigene Preis-Strategien, wie unterschiedlich ist das Pricing in den einzelnen Geschäftsbereichen und Produkt-Segmenten, welche zeitlichen Einflussfaktoren muss die Preisstrategie angemessen abbilden?
Im strategischen Pricing kann die Komplexität zur Herausforderung werden. Sie ist jedoch beherrschbar. Foto: istockphoto
Ich habe die Frage nach der Komplexität des Pricing in meinen empirischen Studien regelmäßig gestellt. Die folgende Abbildung (aus der Studie Riekhof/Wille: Pricing-Prozesse in der unternehmerischen Praxis, PFH Göttingen 2018) zeigt, dass eher wenige Unternehmen auf sehr komplexe Preisstrukturen setzen:
Abb. 1: Wie komplex sind die Preisstrategien von Unternehmen? (Auszug aus der Studie Riekhof/Wille: Pricing-Prozesse in der unternehmerischen Praxis, PFH Göttingen 2018),
Grafik: UNICconsult Strategieentwicklung GmbH
Letztlich wissen wir aus den Basics des Pricing (vgl. meinen Newsletter No. 5), dass Preis-Differenzierung (und damit mehr Preise als bisher) in der Regel überaus wünschenswerte betriebswirtschaftliche Effekte hat. Aber das bedeutet immer auch eine Zunahme der Komplexität. Wir bewegen uns hier auf der linken Hälfte der nachstehenden Grafik:
Abb. 2: Die Komplexität des Pricing in den Griff bekommen, Grafik: UNICconsult Strategieentwicklung GmbH
Die Komplexität des Pricing reduzieren
Thema dieses Pricing-Newsletters ist die rechte Hälfte, bei der es um die systematische Reduktion der Komplexität geht. Standardisierung der Systeme, Prozesse und Abläufe über alle Produktbereiche, Regionen und Vertriebskanäle hinweg ist die generelle Vorgabe. Was leistet hier die sog. Preis-Treppe?
Abb. 3: Die internationale Preis-Treppe, Grafik: UNICconsult Strategieentwicklung GmbH
In der Abb. 3 sehen wir die exemplarische Form einer Preis-Treppe. Man wird sie immer an die jeweiligen Unternehmens- und Branchenerfordernisse anpassen müssen. Wichtig ist es (und wird in vielen Unternehmen nicht umgesetzt), die Differenz zwischen einer offiziellen Preis-Vorgabe (dem maximalen Preis gemäß einer internen oder auch einer den Kunden bekannten Preisliste, (vgl. zu den Preislisten auch Newsletter No. 30) und dem Rechnungspreis differenziert auszuweisen: In welchen Kundengruppen, Regionen oder Vertriebskanälen sind Rabatte besonders ausgeprägt und weichen von den strategischen Rabatt-Vorgaben ab?
Die Rabatt-Arten eindeutig definieren und erfassen
Ferner sollten die Rabatt-Arten (wir haben hier nur die drei wichtigsten Kategorien aufgeführt) eindeutig abgegrenzt werden (zum Thema Rabatte vgl. auch Newsletter No. 65 und Newsletter No. 22). Jedem Rabatt muss ein eindeutiger Grund zugeordnet werden. Hier könnten auch Stammkunden-Rabatte oder Rabatte für weitere Kundengruppen oder Vertriebskanäle wie etwa Distributeure oder Online-Händler einbezogen werden.
Abb. 4: Die berühmte „20 % auf alles“ Aktion der Praktiker-Baumärkte – ohne wirkliche Begründung, ohne Differenzierung und daher ohne langfristigen strategischen Sinn. Foto: Youtube
Versteckte Rabatte ausweisen
Wichtig ist es, versteckte Rabatte transparent zu machen, etwa wenn Dienstleistungen kostenlos erbracht werden bzw. nicht in Rechnung gestellt werden (vgl. hierzu Newsletter No. 19). Das kann Planungs- und Projektierungsaufwand sein, aber auch ein kostenloser Service.
Die direkte Ergebniswirkung von Rabatten
Wenn zwischen Listenpreis und Rechnungspreis wie in unserem Beispiel 25 %-Punkte liegen (das ist in manchen Branchen durchaus nicht ungewöhnlich), dann zeigt sich hier auch die enorm hohe Relevanz der Rabatt-Steuerung für das Unternehmensergebnis. Diesen Aspekt sehr sorgfältig zu analysieren und zu kontrollieren, sollte man nicht allein dem Vertrieb überlassen, der ja in der Regel die finalen Vertragsverhandlungen führt.
Abb. 5: Preislisten sind eine Art Preis-Obergrenze und dienen der Orientierung
von Kunden und Wettbewerb. Foto: UNICconsult Stategieentwicklung GmbH
Vom Rechnungspreis zum Netto-Netto-Preis
In einem zweiten Block haben wir in der Preistreppe Skonti, Boni und WKZ (Werbekostenzuschüsse) aufgeführt. Gerade bei Boni und WKZ ist es nicht immer einfach, diese Beträge einzelnen Rechnungen zuzuordnen; hier wird man eher eine quartalsweise oder auch jährliche Betrachtung der Kundenumsätze vornehmen.
Das gilt auch für den letzten Block – vom Netto-Preis zum Netto-Netto-Preis. Die Erfassung und Zurechnung von Aufwendungen ist hier noch einmal schwieriger. Sie wird immer sehr unternehmensspezifisch ausgestaltet sein. Exemplarisch habe ich hier unter anderem besondere Liefer- und Logistik-Vereinbarungen genannt, die ja einem Preisnachlass gleichzusetzen sind, wenn sie internen Mehr-Aufwand erzeugen.
Die Preis-Treppe als Basis des Reporting: Reduktion der Komplexität
Wenn diese Bausteine der Preis-Treppe verbindlich definiert und in allen Tochtergesellschaften und Geschäftsbereichen einheitlich umgesetzt sind, dann ist erstens eine wichtige Grundlage für ein einheitliches und durchgängiges Preis-Reporting geschaffen (vgl. zum Preis-Controlling auch Newsletter No. 45). Und zweitens wird es einfacher, die Preise im Markt weiter zu differenzieren.
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Mit besten Wünschen und bis zum nächsten Pricing-Newsletter – und vielleicht sehen wir uns ja bald in Hamburg in einem meiner Pricing-Seminare?
Ihr Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof
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