Wie Amazon in der Corona-Krise gegen unfaire Preise vorgeht

„Die Leser unseres Pricing-Newsletters wissen, was unfaire Preise sind (siehe Newsletter No. 23 – Unfaire Preise): sie gehen zu Lasten der Kundenbeziehung. Genau das scheint gegenwärtig auch die Motivation von Amazon zu sein. Der Online-Handelsriese hat fast 4.000 Händler von ihrer Plattform ausgeschlosseen, weil sie in der Corona-Krise aus Amazon-Sicht unverhältnismässig hohe und damit unfaire Preise aufrufen“, sagt Pricing-Experte Prof. Hans-Christian Riekhof. „Was Amazon leider jedoch nicht preisgibt, sind die konkreten Kriterien, die zum Ausschluss führen“, moniert Riekhof.

Auf der eigenen Homepage hat Amazon mitgeteilt, dass der Konzern Tausende von Verkäuferkonten wegen Preistreiberei während der Coronavirus-Pandemie gesperrt hat. Der Betreiber des größten US-Online-Marktplatzes erklärte, er habe weit über eine halbe Million Angebote eingeholt und mehr als 3.900 Verkaufskonten in den USA wegen Verstoßes gegen seine faire Preispolitik gesperrt. Dabei sei engagiertes Team sei eingesetzt worden, um „unfair bepreiste“ Produkte, die stark nachgefragt werden, wie Schutzmasken und Handdesinfektionsmittel, zu identifizieren und zu untersuchen.

Das Online-Medium Bloomberg zitiert ein Amazon-Statement, das am Montag abgegeben wurde: „Wir tauschen auch proaktiv Informationen mit den Generalstaatsanwälten und den Bundesbehörden über Verkäufer aus, von denen wir vermuten, dass sie bei Produkten, die mit der COVID-19-Krise in Verbindung stehen, einen ungeheuren Preisraub betrieben haben.“

Seitdem der Ausbruch des Coronavirus eskaliert ist, gab es einen Ansturm auf u.a. Handdesinfektionsmittel, Toilettenpapier, Papierwischtücher, Fleisch und Dosensuppen. Einige Leute haben versucht, Reinigungsprodukte und anderes Zubehör zu überhöhten Preisen bei Amazon, EBay Inc. und anderen Websites zu verkaufen.

Die Originalmeldung bei Amazon / company news:
https://blog.aboutamazon.com/company-news/price-gouging-has-no-place-in-our-stores?tag=amazon-sso-21?tag=amazon-sso-21?tag=amazon-sso-21

Die Meldung bei Bloomberg:
https://www.bloomberg.com/news/articles/2020-03-23/amazon-suspends-almost-4-000-seller-accounts-over-price-gouging

Foto: Amazon Homepage

Buchtipp No. 42 (2020): Alex Pentland: Social Physics. How Good Ideas Spread – The Lessons From A New Science

Progressive Pricing gegen Hamsterkäufe in Corona-Krise

Hamsterkäufe stellen Supermärkte vor eine Herausforderung. Wir erleben derzeit etwas sehr seltenes: leere Supermarkt-Regale. Der Nachschub nicht nur nach Desinfektionsmitteln stockt. Apotheker können vor Ort keine Desinfektionsmittel herstellen, weil ihnen der Alkohol fehlt.

Die Antwort der Pricing-Experten auf Hamsterkäufe ist eigentlich naheliegend: Progressive Pricing, also steigende Preise bei steigender Abgabemenge. Ein Supermarkt in Dänemark macht es vor, wie das Magazin Businessinsider mitteilt: Die erste Flasche des derzeit massiv nachgefragten Desinfektionsmittels kostet 40 dänische Kronen (umgerechnet 5,40 Euro, die zweite bereits 1.000 dänische Kronen (umgerechnet 135,00 Euro). So einfach kann es sein.

Das Progressive Pricing von Meny, der besagten dänisch-norwegischen Supermarktkette, wurde auf Twitter geteilt. Mit dieser drastischen Maßnahme dürften wohl deutlich weniger Kunden zur zweiten Flasche Desinfektionsmittel greifen.

Hier lesen Sie den Artikel im Businessinsider:
https://www.businessinsider.de/wirtschaft/supermarkt-in-daenemark-verhindert-hamsterkaeufe-mit-genialer-idee/

Weitere interessante Pricing-Themen entdecken Sie hier

Pricing-Newsletter No. 33 (2020): Müssen Online- und Offline Preise immer identisch sein?

Dass Kunden für das gleiche Produkt im Store wie auch im Online-Shop den gleichen Preis erwarten, ist eine bei Händlern weit verbreitete Einschätzung. Dabei spricht durchaus einiges gegen die Grundsätzlichkeit von Einheitspreisen. Erfahren Sie mehr in diesem Newsletter.

Jetzt kostenlosen Zugang erhalten zu allen unseren Pricing Studien, zu unseren Pricing News und zu unseren mehr als 80 Pricing-Newslettern, mit denen Sie zum Pricing Experten werden können.

Bereits registriert? Melden Sie sich jetzt an.

Corona-Virus, Wucherpreise und Amazon

Darf man aus der Angst vor der Corona-Seuche hemmungslos Profit schlagen? In den USA haben Onlinehändler jedenfalls die Preise für die derzeit stark gefragten Atemschutz-Masken massiv erhöht. Laut eines Berichts des Nachrichtenmagazins Spiegel straft Amazon derzeit allzu dreiste Händler ab und verbannt sie gar von seiner Online-Plattform. Der Konzern begründet dies mit dem Verstoß gegen Preisrichtlinien.

Pricing-Experte Prof. Hans-Christian Riekhof verweist hier auf einen elementaren Aspekt: „Wer unseren Pricing-Newsletter regelmäßig liest, der kennt das Konzept guter und schlechter Gewinne: schlechte Gewinne sind solche, die auf Kosten der Kundenbeziehung gehen. Eine eigentlich sehr sinnvolle und einleuchtende Definition, aber sie kommt in dieser Form in nicht gerade vielen Unternehmen zum Einsatz.“

Anders sei da interessanterweise Amazon mit seinem Vorgehen gegen solche Händler auf seiner Plattform, die angesichts der Corona-Krise die Preise für die Schutz-Masken vervielfacht haben, teilweise um das vier- bis fünffache des regulären Preises. „Es scheint, dass man hier schlechte Gewinne befürchtet. Immerhin sind es in diesem Fall nicht die Amazon-Gewinne, auf die verzichtet werden soll, sondern die Deckungsbeiträge der Händler auf der Amazon-Plattform“, so Riekhof.

Nach Angaben des US-Magazins „Wired“, auf das sich der Spiegel-Bericht bezieht, hat der Onlinehändler mehrere Verkäufer abgemahnt und einige überteuerte Angebote von seiner Plattform gelöscht.

Lesen Sie hier die US-Originalmeldung, auf die sich der Spiegel bezieht:
https://www.wired.com/story/covid-19-amazon-curb-face-mask-price-gouging/

Foto: Sunyu Kim/Pexels