Pricing-Newsletter No. 64 (2022): Haben Sie die Pricing-Kompetenz Ihres Führungsteams im Blick?

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

vor kurzem wurde ich im Rahmen eines Interviews für die Absatzwirtschaft gefragt, was ich denn unter Pricing-Kompetenz verstehe. Diesen Begriff verwende ich in der Tat häufig im Rahmen unserer Pricing-Projekte wie auch unserer Pricing-Seminare, deshalb möchte ich Ihnen meine Antwort nicht vorenthalten, sondern sie hier sogar etwas ausführlicher zusammenfassen.

Viel Spaß bei der folgenden Lektüre wünscht Ihnen

Ihr Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

Um die Pricing-Kompetenz beim Management ist es in vielen Unternehmen nicht gut bestellt. Oft fehlen Verständnis und Hintergrundwissen für Themen wie Preisstrategie, Pricing-Prozesse, Pricing-Scorecards, Preis-Differenzierung oder das Management der Komplexität des Pricing. Wie erlangt man Pricing-Kompetenz? Dieser Newsletter gibt Aufschluss.

Pricing-Kompetenz: die individuelle und die organisationale Dimension

Zunächst möchte ich zwei Dimensionen der Betrachtung unterscheiden: Pricing-Kompetenz können wir auf der Ebene der persönlichen Management-Fähigkeiten analysieren, und wir können sie als eine besondere Kompetenz eines Unternehmens als Organisation betrachten. Im Folgenden geht es mir um ersteres; die organisationale Pricing-Kompetenz hat mit Pricing-Strategien, Pricing-Prozessen und Pricing-Scorecards zu tun und wird u.a. im Rahmen eines Pricing-Audits bewertet (siehe hierzu unseren Pricing-Newsletter No. 43).

Haben Ihre Führungskräfte hinreichende Pricing-Kompetenz?

Haben Sie sich einmal die Frage gestellt, wieviel Pricing-Kompetenz Ihre Führungs-Mannschaft besitzt? Wie häufig besuchen Manager im Rahmen ihrer beruflichen Weiterbildung Führungs-Trainings, Kommunikations-Seminare, Konfliktlösungs-Seminare oder Team-Trainings? Und wie häufig nehmen sie an einem Pricing-Seminar teil, um systematisches Pricing-Know-how aufzubauen?

Diese Frage stelle ich immer zu Beginn meiner Pricing-Seminare, die ich seit vielen Jahren durchführe. Die Antwort, die ich regelmäßig erhalte: höchstens einer oder allerhöchstens zwei der Teilnehmer haben schon mal zwei Tage in dieses Thema investiert. Das sollte uns zu denken geben.

Woran erkennt man den Handlungsbedarf in Bezug auf die Pricing-Kompetenz?

Das ist eine gute, aber nicht leicht zu beantwortende Frage. Denn manche Unternehmen haben genau hier einen blinden Fleck: sie wissen gar nicht, dass ihre Führungskräfte recht wenig vom Pricing verstehen. Ein paar Indikatoren habe ich Ihnen hier einmal zusammengestellt:

  • Der Vertrieb beschwert sich laufend über „zu hohe Preise“
  • Die Hebelwirkung des Preises auf den Unternehmens-Gewinn ist nicht allen Beteiligten klar
  • Es gibt Konflikte hinsichtlich der Zuständigkeiten für das Pricing
  • Es fehlt das gemeinsame Verständnis und Hintergrundwissen für Themen wie die Preisstrategie, die Pricing-Prozesse, die Pricing-Scorecards, die Preis-Differenzierung oder das Management der Komplexität des Pricing.
  • Führungskräfte fordern, dass das eigene Pricing vereinfacht werden müsse
  • Kunden beschweren sich über eine zu langsame Angebotserstellung, über fehlerhafte Preise, über eine widersprüchliche Preisgestaltung und -architektur
  • Verabschiedete Preis-Erhöhungen werden nur teilweise beim Kunden umgesetzt
  • Für das Value Pricing fehlen wichtige Grundlagen
  • Es gibt keine gemeinsame Agenda, um die Pricing-Prozesse des eigenen Unternehmens weiterzuentwickeln
  • Es ist nicht transparent, in welchen Branchen und Kundengruppen welche Rabatte gegeben werden und wo Erträge zwischen Brutto-Listenpreis und Netto-Rechnungspreis „versickern“.

Das sind nur einige Indikatoren. Sie sind Hinweise darauf, dass die Betroffenen kein gemeinsames Verständnis von Pricing-Kompetenz entwickelt haben.

Pricing-Kompetenz: Reicht es nicht, wenn die Vertriebsmannschaft Seminare zu Preis-Verhandlungen besucht?

Warum ist es überhaupt notwendig, individuelle Pricing-Kompetenz auch außerhalb des Vertriebs aufzubauen? Warum sollten Marketing-Manager, Business Unit-Verantwortliche, Controller, Produkt-Entwickler, Product Manager und Geschäftsführer Pricing-Kompetenz besitzen?

Dafür gibt es einige wenige, aber wichtige Gründe:

  • Pricing ist der wichtigste Gewinnhebel in den meisten Unternehmen (siehe hierzu unseren Pricing-Newsletter No. 1 und Pricing-Newsletter No. 3).
  • Pricing sollte als ein horizontaler, cross-funktionaler Prozess im Unternehmen verstanden werden, der eben nicht vom Vertrieb allein verantwortet werden sollte, an dem also sehr viele Bereiche mitwirken müssen, die entsprechende Kompetenzen benötigen
  • Empirische Studien zeigen, dass es für ein Unternehmen ziemlich ungünstig ist, dem Vertrieb die Hauptverantwortung für das Pricing zu überlassen.

Die Bausteine der individuellen Pricing-Kompetenz

Was verstehen wir unter Pricing-Kompetenz auf der Ebene des Managements?

  • Dazu gehört für uns an erster Stelle ein grundlegendes Verständnis der betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge des Pricing. Das umfasst die Kenntnis der Hebelwirkung des Preises auf das Unternehmens-Ergebnis wie auch die Kenntnis der betriebswirtschaftlichen Auswirkungen von Strategien der Preis-Differenzierung.
  • Ferner ist ein Verständnis der grundlegenden Optionen für Preisstrategien sowie der damit verbundenen Vor- und Nachteile notwendig.
  • Weitere Elemente sind die Kenntnis der möglichen Bestandteile einer Preis-Strategie sowie auch praktische Erfahrungen in der Formulierung konkreter Preis-Strategien für Märkte oder Produkt-Kategorien.
  • Der Preisstrategie geht in der Regel ein intensives Pricing-Research voraus. Zur Pricing-Kompetenz gehört es auch, (hypothesenbasierte) Pricing-Studien zu konzipieren, zu beauftragen und auszuwerten. Das notwendige methodische Detailwissen für derartige Studien sollte eher in den Fachbereichen für Market Research, Competitive Research oder Pricing Research vorhanden sein.
  • Zur Pricing-Kompetenz gehört meiner Einschätzung nach auch die Fähigkeit, aus Preisstrategien umsetzbare Aktionspläne abzuleiten und diese im Markt durchzusetzen. Dazu sollte man die generellen Hebel zu Strategieumsetzung kennen und anwenden können.
  • In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, die Pricing-Prozesse eines Unternehmens zu kennen, zu verstehen und auch deren Unzulänglichkeiten bewerten zu können
  • Wichtig ist auch die Fähigkeit, aus der Preisstrategie Pricing-Scorecards abzuleiten, die Umsetzung der Preisstrategie messbar zu machen und der Controlling-Abteilung entsprechende Vorgaben zu benennen.

Pricing-Kompetenz aufbauen: an Pricing-Seminaren teilnehmen, Pricing-Projekte leiten, auf Mentoren setzen

Natürlich ist ein Pricing-Seminar immer ein guter Ausgangspunkt, um Pricing-Kompetenz aufzubauen. Aber ein Classroom Training ist nicht die einzige Form, Kompetenzen zu erwerben. Vieles lernt man gerade On the Job und vor allem durch die Übernahme größerer (Pricing-!)Projekte, vielleicht sogar gemeinsam mit externen Beratern. Auch ein Mentor kann gute Dienste leisten, um Pricing-Kompetenz aufzubauen, wenn dieser sich im Pricing auskennt (was man ja nicht immer voraussetzen kann).

Pricing-Kompetenz

Ein Pricing-Seminar ist ein guter Ausgangspunkt, um Pricing-Kompetenz aufzubauen. Foto: Marvin Bellendorf/unsplash.com

Wichtig ist an dieser Stelle der Hinweis von Fredmund Malik, dass bei Entwicklungsprozessen die Eigeninitiative der Betroffenen eine immens wichtige Rolle spielt und dass gleichzeitig die Rolle von Mentoren nicht unterschätzt werden darf:

„In letzter Konsequenz können sich Menschen wohl nur selbst entwickeln. ( …) Praktisch alle wirklichen Performer der Geschichte waren Selbstentwickler. (…) Sie orientierten sich an Vorbildern, denen sie nacheiferten. In weit größerem Umfang hatten sie Mentoren, Menschen, die sie dazu anhielten, dort tätig zu werden, wo sie ihre Stärken hatten.“ (Fredmund Malik 2000, S. 248).

Um die Pricing-Kompetenz beim Management ist es in vielen Unternehmen nicht gut bestellt. Oft fehlen Verständnis und Hintergrundwissen für Themen wie Preisstrategie, Pricing-Prozesse, Pricing-Scorecards, Preis-Differenzierung oder das Management der Komplexität des Pricing. Wie erlangt man Pricing-Kompetenz? Dieser Newsletter gibt Aufschluss.

Fredmund Malik: Führen Leisten Leben, erschienen im Campus-Verlag.
Quelle: amazon.de

Mit besten Grüßen und Wünschen bis zum nächsten Pricing-Newsletter. Vielleicht sehen wir uns ja demnächst in Hamburg in einem meiner Pricing-Seminare?

Ihr Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

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Setzen Sie den Preis als strategischen Hebel zu mehr Wertschöpfung ein.

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