Buchtipp No. 40 (2019): NARRATIVE ECONOMICS. HOW STORIES GO VIRAL AND DRIVE MAJOR ECONOMIC EVENTS.

Princeton 2019.

Seit längerem ist zu beobachten, dass Stories eine wichtige Rolle im Marketing spielen. Deshalb ist Storytelling zu einer neuen Disziplin im Marketing geworden. Unter der Überschrift Content Marketing (siehe dazu auch unsere empirische Studie Riekhof/Jacobi) wird der kommunikativen Auseinandersetzung mit dem Kunden über Inhalte inzwischen breiter Raum gewidmet.

Wenn sich jetzt ein Ökonom und Nobelpreis-Träger wie Robert Shiller dem Themenbereich der Narrative Economics zuwendet, dann darf man also gespannt sein. Shiller untersucht, wie Narrative wie etwa „Great Depression“, „Bitcoins“, „technologiebedingte Arbeitslosigkeit“, „Gold-Standard“, „American Dream“ oder „Künstliche Intelligenz“ ganz reale Auswirkungen auf ökonomisches Verhalten haben. Shiller treibt unter anderem die Sorge um, dass offensichtlich falsche Narrative verheerende reale Konsequenzen haben können. Gerade die Great Depression betrachtet er im Detail und sieht einen großen Einfluss der Narrative auf die tatsächliche Wirtschaftsentwicklung.

Stories beeinflussen reales Marktverhalten

Das ist natürlich revolutionär: Geschichten beeinflussen reales Marktverhalten – nicht nur Angebot und Nachfrage. Das ist eine letztlich notwendige Erweiterung ökonomischer Erklärungs-Muster, die Shiller da anbietet. Möglich wird sie unter anderem auch deshalb, weil es entsprechende digitale Suchmöglichkeiten gibt, die die Verbreitung der Narrative in den Medien aufzeichnen bzw. nachverfolgbar machen.

So gibt es das Portal ProQuest News & Newspapers sowie die Google Funktion Ngram, auf die Shiller zu Analyse-Zwecken zurückgreift. Das ist eine neue analytische Dimension, auch wenn es schwierig bleibt, aus den Daten strenge Kausalitäten abzuleiten.

Narrative Economics bedeutet insofern eine neue Ausrichtung der ökonomischen Theorie. Wir stehen allerdings erst am Beginn. Shiller geht bei vielen historischen Narrativen ins Detail. Zu manchen aktuelleren Narrativen hätte man sich eine eingehende Betrachtung gewünscht, wie zum Beispiel den Narrativen vom „Ende des Wachstums“, von der „Überbevölkerung der Erde“, vom „Ende der Arbeit“, vom „Ende des Eigentums“, von „systemrelevanten Banken“ oder von „Schattenbanken“.

Vielleicht fallen die Ideen der Narrative Economics in der Ökonomie ja auf fruchtbaren Boden, und wir bekommen umfassende Analysen auch zu den gerade genannten Narrativen. Es könnte sich als sehr hilfreich herausstellen, wenn es auf diesem Wege gelingt, Mythen zu entzaubern.

01.12.2019

Dr. Hans-Christian Riekhof

 

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