Pricing-Newsletter No. 81 (2024): Setzen Sie in Preisverhandlungen auf eine machtvolle Sprache

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

im Rahmen der Management Development Programme, an denen ich während meiner Tätigkeit für zwei internationale Konzerne teilnehmen durfte, habe ich vieles über Rhetorik und effektive Kommunikation gelernt – auch wenn es dort (bedauerlicherweise) nicht um Preisverhandlungen ging.

Wenn ich mich heute mit dem Thema Wortwahl und Ausdrucksweise in Preisverhandlungen befasse, dann hat das einen besonderen Grund: es gibt einen neuen, methodisch hoch spannenden empirischen Ansatz, um die Wirkung von Sprache und Wording systematisch zu erfassen – der methodische Ansatz ist die sog. LIWC-Methode. Das bedeutet Linguistic Inquiry and Word Count.

Die Digitalisierung macht es möglich: Social Media Posts werden in Bezug auf ihre Sprache kategorisiert und analysiert, und es werden die Ergebnisse und Reaktionen empirisch gemessen, zum Beispiel in Form von Likes, Comments oder Bestellungen. Einige Learnings daraus stelle ich Ihnen im Folgenden vor.

Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen

Ihr Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

Preisverhandlungen können sich als ziemlich hart und schwierig erweisen - und es kann viel auf dem Spiel stehen. Die Wahl des verwendeten Sprachstils kann hier einen signifikanten Unterschied machen. 7 Tipps, wie man mit machtvoller Sprache Preisverhandlungen positiv beeinflusst.

Preisverhandlungen: Der subtile Einfluss der verwendeten Sprache

Im Rahmen unserer Pricing-Projekte kommen wir früher oder später an den Punkt, wo es nicht mehr um strategische Konzepte, sondern um die konkrete Umsetzung von Preisstrategien geht. Und das bedeutet in vielen Branchen knallharte Preisgespräche und langwierige Preisverhandlungen, bei denen auch vieles auf dem Spiel stehen kann. Welche Verhandlungs-Strategien Sie hier einschlagen können, steht heute nicht im Mittelpunkt. Vielmehr geht es um den subtilen Einfluss der Sprache, die Sie verwenden.

Jonah Berger hat in seinem Buch „Magic Words“ dazu viele Erkenntnisse und Forschungsergebnisse zusammengestellt, die sich auch auf Preisverhandlungen übertragen lassen. Diese Ergebnisse beruhen auf der oben bereits erwähnten LIWC-Methodik, sind also aus empirischen Studien abgeleitet. Im Folgenden will ich Ihnen dazu einige praktische Hinweise geben.

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In Preis-Verhandlungen auf eine machtvolle Sprache setzen. Foto: iStockphoto

1. Setzen Sie auf Identitäten statt auf Tätigkeiten.

Das ist gleich zu Beginn ein wichtiger und sehr oft unterschätzter Aspekt. Ein Beispiel: „Lassen Sie uns fair verhandeln“ ist eine tätigkeitsbezogene Ausdrucksweise. Die Formulierung „Seien Sie ein fairer Verhandlungspartner“ hat eine ganz andere Wirkung. Sie betont den langfristigen Stil – Ihr Gegenüber kann sich (mit Sicherheit!) mit der Rolle eines fairen Verhandlungspartners identifizieren.

Auch Formulierungen wie ein „ehrbarer Kaufmann“ sprechen Identitäten an. Weitere Beispiele: ein qualitäts-besessener Lieferant oder ein Hersteller von Premium-Produkten

Und hier noch ein Beispiel aus der empirischen Forschung, wie das Ansprechen von Identitäten wirkt: „‘Don’t be a cheater‘ more than halved the amount of cheating.“ (J. Berger 2023, S. 22)

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„Magic Words“ von Jonah Berger.

2. Streichen Sie das „Ich kann nicht…“.

Wir wählen unwillkürlich und auch unüberlegt Formulierungen wie „Ich kann Ihnen keinen Rabatt von 12% geben.“ Das impliziert, dass Sie bei 12 oder 15% Ihren Chef fragen müssten – Sie signalisieren damit, dass Sie ohne Rücksprache eine sehr schwache Position haben. Und Ihr Gegenüber wird Sie vermutlich direkt fragen: Warum können Sie das nicht? Sollte ich lieber gleich mit der Geschäftsführung verhandeln?

Wie hingegen wirkt es, wenn Sie sagen: „Ich will Ihnen 10% Rabatt gewähren, aber ich will Ihnen keine 12% geben.“ Hier kommt Stärke und Selbstbewusstsein zum Ausdruck. Und mehr ist eben nicht verhandelbar.

Oder auch ganz einfach und schlicht: „Ich gebe keinen Rabatt über 10%“ statt „Ich kann keinen Rabatt über 10% geben.“ Oder auch: „Für Aufträge unter 20.000 € gebe ich keinen Nachlass.“

So machen wir das übrigens bei UNICconsult auch bei den Tagessätzen in unseren Pricing-Projekten: sie sind nicht verhandelbar.

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Streichen Sie das „Ich kann nicht“ in Ihren Preisverhandlungen. Foto: iStockphoto

3. Wählen Sie machtvolle Worte.

Manche Politiker (und auch viele Manager) sind sehr gut darin, eine machtvolle Sprache zu verwenden. Dazu zählen Begriffe wie „absolut“, „definitiv“, „garantiert“, „offensichtlich“, „jederzeit“, „in jedem Fall“. Diese Begriffe verdeutlichen, dass Sie von Ihrer Position und Ihrem Angebot überzeugt sind – auch hier wird Selbstbewusstsein deutlich. In unseren internen Texten achten wir inzwischen konsequent darauf, auf eine klare und machtvolle Sprache zu setzen.

Woran liegt es, dass eine machtvolle Sprache wirkt?

„Speaking with power makes people seem confident. It makes them seem more certain, self-assured, and knowledgable, which makes audiences more likely to listen and change their minds.“ (J. Berger 2023, S. 49).

Die Nennung und Verwendung hoher Prozentsätze gehört auch in diesen Zusammenhang. Verwenden Sie hohe Zahlen, wo immer sich das anbietet. 45% Anteil in einem bestimmten, begrenzten Marktsegment wirkt überzeugender als 8% Anteil im Gesamtmarkt; die Senkung der Transportkosten um 47% wirkt überzeugender als die Senkung der (gesamten) Logistikkosten um 12%.

Die jährlichen Einsparungen Ihres Projektvorschlags von 400.000 € summieren sich in 5 Jahren immerhin auf 2 Mio. €. Der berühmte „Doppel-Wumms“ des Bundeskanzlers von 100 Mrd. € ist auch der kumulierte Betrag über mehrere Jahre.

4. Verzichten Sie auf „weiche“ Formulierungen.

Wenn wir uns ein Türchen offenhalten wollen, dann verwenden wir Begriffe wie „ich denke“, „ich nehme an“, „voraussichtlich“, „es scheint, dass“, „meiner Einschätzung nach“. Das sind alles Ausdrucksweisen, die von Unsicherheit zeugen und damit indirekt Schwäche zum Ausdruck bringen – für Ihre Verhandlungsposition definitiv nicht hilfreich.

5. Zögern Sie nicht.

In manchen Situationen wird man vom Gegenüber regelrecht überrascht und muss die eigenen Gedanken erstmal „sortieren“. Zögern ist dabei keine gute Reaktion, weil sie als Unsicherheit wahrgenommen wird:

„Speakers who hesitated were seen as less intelligent, less well informed, and less qualified. Listeners thought they had less expertise, and saw them as lower status regardless of what their title actually was.“ (J. Berger 2023, S. 59).

Wie geht man mit dieser überraschenden Situation um? Einfach sich die Zeit nehmen, warten, eine Pause machen, eine gute Antwort zurechtlegen – und dann ohne jegliches Zögern antworten. Klingt einfach, muss man aber üben.

6. Drücken Sie sich konkret aus.

Manche Menschen neigen zu einer abstrakten Ausdrucksweise. Andere verlieren sich in der Beschreibung überflüssiger (aber sehr anschaulicher) Details. Mit der erwähnten LIWC-Methodik hat man herausgefunden, dass Kunden bei einem (Online-) Händler in den folgenden Wochen 30% mehr ausgeben, wenn die Mitarbeiter eine konkrete Sprache verwenden (J. Berger 2023, S. 107).

Hier sind ein paar Beispiele: Sprechen Sie statt von einem „modernen Lager“ von einem „voll automatisierten, chaotischen Lagersystem mit 15.000 Paletten-Plätzen in Dreieich bei Frankfurt“; statt von einem „einfachen Bestellvorgang“ von einer „Ein-Klick-Online-Bestellung“, statt von einer „umfassenden Garantie“ von einer „24- Monate-Garantie mit 3-monatigem Umtauschrecht“, statt von „kommender Woche“ von „nächsten Dienstag um 10 Uhr“, statt von einer „schnellstmöglichen Lieferung“ von einem „24-Stunden-Overnight-Express“.

7. Sprechen Sie in der Gegenwart, nicht in der Vergangenheit.

Mit der gleichen Methodik hat man auch herausgefunden, dass die Verwendung der Gegenwartsform günstiger ist als die Verwendung der Vergangenheit – ein kleiner Unterschied mit großer Wirkung:

„Analyzing around a quarter of a million Amazon book reviews revealed that present tense increased impact.“ (J. Berger 2023. S. 62).

Ein konkretes Beispiel: „UNICconsult hat Pricing-Projekte durchgeführt, bei denen die Umsatzrendite um 2% verbessert wurde.“ Stattdessen: „UNICconsult führt Pricing-Projekte durch, bei denen die Umsatzrendite um 2% verbessert wird.“ Spüren Sie den Unterschied?

Fassen wir zusammen: Setzen Sie auf Identitäten, und werden Sie zum machtvollen Sprecher und zum professionellen Preis-Verhandler. Geben Sie niemals Rabatte an kleine Kunden und auf kleine Aufträge. Und streichen Sie das “möglicherweise” und “vielleicht”.

Ich freue mich auf Ihre Kommentare, Anmerkungen, Beispiele und Erfahrungen zur Verwendung einer machtvollen Sprache in Preisverhandlungen, am liebsten direkt an riekhof@nullunicconsult.com.

Mit besten Wünschen und bis zum nächsten Pricing-Newsletter – und vielleicht sehen wir uns ja bald in Hamburg in einem meiner Pricing-Seminare?

Ihr Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

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