Pricing-Newsletter No. 38 (2020): Das Preisimage richtig messen

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

in unseren Gesprächen stellen wir immer wieder folgendes fest: Chefs werden mit der Aussage konfrontiert, dass man in Kundenbefragungen in verschiedenen Dimensionen gut oder sehr gut abschneide, so etwa bei der Qualität, beim Service, bei der Kundenbetreuung. Nur mit dem Preis sind die Kunden deutlich unzufrieden.

Kann sich dahinter ein ernsthaftes Problem verbergen? Wie stellt man zuverlässig fest, ob es in Bezug auf das Preisimage Handlungsbedarf gibt? In diesem Newsletter gehen wir diesen und weiteren Fragen auf den Grund.

Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen

Ihr Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

Viele Unternehmen vermuten, Sie hätten ein schlechtes Preisimage. Kann sich dahinter ein ernsthaftes Problem verbergen? Oder liegt da eher ein Mess-Prtoblem vor? Wie stellt man zuverlässig fest, ob es in Bezug auf das Preis-Image Handlungsbedarf gibt?

Die Rolle des Marken-Image für die Marken-Steuerung

Image-Messungen sind ein wichtiges Element der Markenführung und des Marketing-Controlling. Sie dienen dazu, einen Soll-Ist-Abgleich zwischen der beabsichtigten Marken-Identität und dem tatsächlich bei den Kunden und im Markt wahrgenommenen Markenbild, dem Marken-Image, vorzunehmen. Die intendierte Marken-Identität ist die langfristige Vorgabe. Im Marken-Image werden die tatsächlichen Kunden-Bewertungen sichtbar.

Wozu das Preisimage messen?

Wenn ein Marken-Image regelmäßig empirisch erfasst wird, wozu benötigen Unternehmen dann zusätzlich Erhebungen zum Preis-Image? Lässt sich das Preisimage nicht im Rahmen einer allgemeinen Bewertung von Leistungs-Dimensionen wie Qualität, Service, Produkt-Programm, Preis-Leistungs-Verhältnis, Kunden-Freundlichkeit etc. erfassen?

In der Tat gehen viele Unternehmen so vor: sie erfassen die Leistungs- und Werttreiber zusammen mit dem Preis und dem Preis-Leistungsverhältnis in entsprechenden Studien und lassen die Kunden diese Kriterien bewerten. Letztlich ist das aber nicht zielführend.

Das Preisimage unabhängig von den Produkt-Eigenschaften messen

Sind Aussagen über den Preis verwertbar, wenn gleichzeitig nach Qualität, Service, Design, Verpackung etc. gefragt wird? Meiner Erfahrung nach bekommt der Preis in diesen Untersuchungen zumeist und – wenig überraschend – fast automatisch die schlechteste Bewertung. Die Marketing-Abteilung kommt dann bisweilen sogar zu dem (vorschnellen) Ergebnis, dass die zu hohen Preise für die unbefriedigende Umsatz-Entwicklung verantwortlich sind.

Im Preis schneiden Unternehmen fast immer am schlechtesten ab

Doch vor dieser Interpretation möchte ich ausdrücklich warnen. Der Preis ist bei einem Kauf grundsätzlich negativ behaftet: Ich gebe mein mühsam Erspartes weg für die neue italienische Espresso-Maschine, und es wäre schöner, wenn ich sie 30 % günstiger hätte kaufen können.

Man kann in Befragungen das Produktdesign gegen die wahrgenommene Lebensdauer, gegen die Bedienungsfreundlichkeit, den Service und die Lieferzeiten messen. Der Preis benötigt eine separate empirische Analyse. Oder haben Sie das neue iPhone deshalb gekauft, weil der Preis Sie überzeugt hat? Und waren es die überaus günstigen Leasing-Raten, die Sie motiviert haben, den Firmenwagen doch bei einem der deutschen Premium-Hersteller zu ordern?

Dacia, Porsche und Bentley: Die Messung des Preisimages aus der preisstrategischen Positionierung ableiten

So wie in der Markenführung die Marken-Identität den Ausgangspunkt bildet, gehen wir bei der Messung des Preisimages und seiner Dimensionen auch von der angestrebten Preis-Positionierung aus:

  • Wer als Discounter antritt, sollte seine Kunden fragen, ob sie die eigenen Preise als die günstigsten im Markt und gegenüber dem Wettbewerb wahrnehmen
  • Unternehmen wie Porsche oder Bentley sollten herausfinden, ob die Kunden beim Aushandeln von Rabatten schnell an die vorgegebenen eng gezogenen Grenzen stoßen (denn da gibt es klare Vorgaben und Erwartungen aus Zuffenhausen und Crewe)
  • Online Retailer mit mehrfachen täglichen Preis-Änderungen sollten ihre Kunden fragen, ob das als fair empfunden wird
  • Verbraucher-Märkte sollte ihre Kunden fragen, ob sie die zahlreichen Sonderangebote im Markt tatsächlich wahrnehmen und ob sie sie als attraktiv empfinden. Wir haben in eigenen empirischen Studien festgestellt, dass viele Kunden diese besonderen Angebote gar nicht wirklich registrieren und erinnern
  • Hersteller landwirtschaftlicher Maschinen sollten ihre Händler fragen, ob das überaus komplexe Rabatt-System die intendierten Wirkungen entfaltet und ob die Verkaufsteams der Händler mit dem Rabatt-System richtig umgehen.

Das Tracking des Preis-Image: langfristig und in konstantem Format

Bei der Erhebung des Preisimage und seiner Dimensionen sollten Unternehmen darauf achten, dass sie diese Studien in einem konstanten Format über einen langen Zeitraum erheben. Ich habe in meiner Rolle als Marketing-Chef an derartigen etablierten Studien immer festgehalten, um langfristige Veränderungen abbilden zu können. Dabei habe ich auch schon mal aus Kostengründen von einer jährlichen auf eine zweijährige Erhebungsweise umgestellt, ohne wirklich Einbußen in der Aussagekraft feststellen zu müssen.

Das Tracking des Preisimage: Konzentration auf das Wesentliche

Anfänger im Marketing neigen dazu, möglichst viele Aspekte zu erheben, einen sehr umfangreichen Fragebogen zu entwerfen und alle denkbaren Items aufzunehmen. Ich empfehle eine sehr starke Beschränkung und Konzentration auf das Abprüfen der preis-strategischen Vorgaben. So wie oben dargelegt.

Lassen Sie uns das am fiktiven Beispiel eines Herstellers hochwertiger Maschinen und Anlagen (Firma M-Bau) verdeutlichen. Hier könnten folgende Dimensionen besonders relevant sein und in Form von Statements („stimme vollkommen zu“ bis „lehne vollkommen ab“) genutzt werden:

  • Die Preise von M-Bau für Maschinen und Anlagen sind eher höher als die der wichtigsten Wettbewerber
  • Die Preise für die Projektierung liegen im marktüblichen Rahmen
  • Die Preise im Bereich Ersatzteile liegen im marktüblichen Rahmen
  • Die Stundensätze im Bereich After Sales liegen im marktüblichen Rahmen
  • Die erzielbaren Rabatte sind begrenzt und liegen unter denen wichtiger Wettbewerber
  • Die Darstellung der Preise in den Angeboten ist transparent und nachvollziehbar
  • Die Finanzierungs-Konditionen sind marktgerecht
  • Die Preise für firmenspezifische Modifikationen und Sonder-Anfertigungen sind akzeptabel und stehen in sinnvoller Relation zum Zusatzaufwand bei M-Bau
  • Es gibt keine versteckten Kosten oder andere „Überraschungen“
  • Auch bei Nachträgen sind die Preise fair und nachvollziehbar
  • Die zusätzlichen Konditionen (Rückvergütungen) in Jahresvereinbarungen sind akzeptabel und marktüblich
  • Die Entwicklung der Preise in den vergangenen 5 – 6 Jahren ist nachvollziehbar und gut begründet
  • Preiserhöhungen werden gut und nachvollziehbar dargestellt.

Ein internes Benchmarking des Preisimages einführen

Stellen Sie sich einmal vor, Sie bekommen Antworten auf diese Fragen in einem jährlichen Rhythmus, und zwar differenziert nach den Geschäftsbereichen und Tochtergesellschaften Ihres Unternehmens. Gerade der interne Vergleich dieser Zahlen kann sehr aufschlussreich sein, zumal man dann auch die tatsächlich erzielten Preise wie auch die Ertragskraft der Unternehmens-Bereiche den Ergebnissen gegenüberstellen kann. Und man kann daraus ableiten, an welchen Stellen die Preis-Kommunikation eventuell verbessert werden muss.

Das Tracking des Preisimages: Kundengruppen vergleichen

Der entscheidende Vorteil einer aus wenigen Statements bestehenden Erhebung ist eine hohe Antwort-Quote. Gute Antwort-Quoten sind elementar, wenn die Erhebung nicht nur bei Stammkunden durchgeführt werden soll. Stammkunden sind in diesen Studien mit Vorsicht zu genießen: sie urteilen in der Regel deutlich positiver als andere Kundengruppen. Zudem haben sie zumeist die höchste Antwort-Bereitschaft.

Vergleichen Sie also lieber die Antworten unterschiedlicher Kundengruppen. Wie sehen die Ergebnisse aus bei

  • Stammkunden
  • Kunden unterschiedlicher Branchen
  • internationalen Kunden
  • mittelständischen Kunden
  • Neukunden
  • Gelegenheitskunden
  • verlorenen Kunden
  • Zielkunden
  • Kunden während des Akquisitions-Prozesses
  • Kunden der Tochter-Gesellschaften und regionalen Niederlassungen.

Gerade diese Vergleiche sind es, die Lücken in der konsequenten Umsetzung einer Preis-Positionierung und seiner Elemente in der gesamten (internationalen) Organisation verdeutlichen.

Überlegen Sie also, ob die Überprüfung der Preis-Strategie durch ein Tracking des Preisimages die Mühen und das Budget Wert sind.

Der nächste Pricing-Newsletter: Liegt die Zukunft des Pricing in dessen Zentralisierung?

Abschließend wieder der Hinweis auf das Thema des nächsten Pricing-Newsletters: wir werden uns der Frage zuwenden, ob die Zukunft des Pricing in dessen Zentralisierung liegt.

Und wenn Ihnen meine Überlegungen im Pricing-Newsletter gefallen, freue ich mich sehr, wenn Sie ihn an interessierte Kollegen weiterempfehlen.

Mit besten Wünschen und bis zum nächsten Pricing-Newsletter – und vielleicht sehen wir uns ja bald in Hamburg in einem meiner Pricing-Seminare?

Ihr Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

Nehmen Sie an unserem Pricing-Seminar teil!

Nächster Termin in Hamburg: 01./02. Oktober 2020

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