Pricing-Newsletter No. 80 (2024): Was bringen Pricing-Projekte wirklich? Mindset oder Quickwins? Pricing-Kompetenz oder Rendite?

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

viele Unternehmen haben bereits Pricing-Projekte durchgeführt, in der Regel mit Unterstützung größerer und oft internationaler Beratungsunternehmen. Was ich über den Erfolg der Projekte später in Gesprächen höre: „Theoretisch ist das alles richtig, was dort erarbeitet wurde“, so der Originalton eines Vertriebschefs vor ein paar Tagen. Da klingt schon ein deutliches „Aber“ mit.

Denn die Kernfrage ist doch: was bringen diese Projekte langfristig? Welches sind die Ergebnisdimensionen, in denen ich die Erfolge messen will? Mit den kurzfristigen und den langfristigen Wirkungen von Pricing-Initiativen werde ich mich in diesem Pricing-Newsletter auseinandersetzen.

Viel Spaß bei der folgenden Lektüre wünscht Ihnen

Ihr Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

Was bringen Pricing-Projekte wirklich? Kurzfristig und langfristig? Um die Wirkungen und beachtlichen Effekte von Pricing-Projekten geht es in diesem Pricing-Newsletter.
Pricing-Projekte

Wo steht Pricing auf Ihrer Prioritäten-Liste?

Vor einigen Wochen haben wir ein Projekt zur Auditierung der Pricing-Prozesse eines mittelständischen Online Retailers abgeschlossen, mit sehr klaren Empfehlungen und deutlichen Potentialen zur Ergebnisverbesserung. Ich hatte damit gerechnet, dass es sehr schnell interne Entscheidungen geben würde, um diese Potentiale zu heben.

Doch diese Annahme erwies sich als verfrüht. Woran liegt das? Ich habe diese Frage in ganz anderem Zusammenhang mit einem Unternehmer diskutiert. Seine Erklärung: gerade im Mittelstand gibt es viel zu viele Themen, die bearbeitet werden müssen (nicht nur bürokratische Auflagen aus Brüssel), da steht das Thema Pricing dann irgendwo auf der langen Liste der Projekt-Prioritäten. Aus meiner Sicht extrem erstaunlich, dass es das strategische Pricing nicht überall unter die TOP 3-Prioritäten schafft.

Ich möchte Ihnen deshalb die möglichen Effekte von Pricing-Initiativen noch einmal sehr klar vor Augen führen. Dazu nutze ich die vier Ergebnis-Dimensionen der nachstehenden Matrix, in der wir die kurzfristigen und die mittel- bis langfristigen Wirkungen den Effekten auf der individuellen und der unternehmensbezogenen Ebene gegenüberstellen.

Pricing-Projekte

Die kurz- und langfristigen Effekte des Pricing auf individueller und auf Unternehmensebene.
Quelle: © Unicconsult Strategieentwicklung GmbH

Das Mindset zum Pricing verändern

Pricing-Projekte beginnen bei uns mit einem zweitägigen kick-off-Workshop, bei dem es um ein gemeinsames Verständnis des strategischen und operativen Pricing, um die Hebelwirkung des Preises auf den Gewinn, um Pricing-Werkzeuge, um einen gemeinsamen methodisch-konzeptionellen Rahmen für das Pricing und um konkrete preisstrategische Optionen geht.

Pricing-Projekte

Mindset – die kurzfristigen Pricing-Effekte auf der individuellen Ebene.
Quelle: © Unicconsult Strategieentwicklung GmbH

Ein sehr wichtiges Ergebnis dieses kick-off Workshops ist es, das Mindset der Teilnehmer zum Pricing zu verändern und die enorme Hebelwirkung des Pricing zu verdeutlichen. Das gelingt ausnahmslos immer: zwei Tage reichen vollkommen aus, um das Mindset der Führungskräfte im Hinblick auf die strategische Bedeutung des Pricing nachhaltig zu verändern. Aber das ist nicht der einzige Effekt.

Pricing-Projekte

Quick Wins – kurzfristige Pricing-Effekte für das Unternehmen.
Quelle: © Unicconsult Strategieentwicklung GmbH

Pricing-Projekte: Die starke Wirkung von Quick Wins

Gerade in der Startphase eines Pricing-Projektes ergeben sich fast ausnahmslos Ideen für schnell umsetzbare, kleinere Preisanpassungen, die von den Kunden akzeptiert werden und die keiner größeren internen Diskussion bedürfen. Diese Quick Wins reichen fast immer aus, um ein Pricing-Projekt zu “finanzieren”.

Wichtig sind Quick Wins deshalb, weil hier sehr schnell die “Theorie” mit der praktischen Umsetzung verknüpft wird: Projekte verlieren schnell an Dynamik, wenn mit der Umsetzung erst nach vielen Wochen interner Diskussion und Abstimmung begonnen wird.

Pricing: Verzahnung von Konzept und Umsetzung

Statt dessen setzen wir auf das, was in manchen Unternehmen als “business driven action learning” bezeichnet wird. So wird eine enge Verzahnung von Konzept und Umsetzung sichergestellt. Und schnelle erste Erfolge haben eine große Motivations-Wirkung.

Mehrfach habe ich feststellen können, dass Geschäftsführer, die an meinem Pricing-Workshop teilnahmen, in der Mittagspause erste Pricing-Anweisungen an das eigene Führungsteam weitergeben – das sind erste Quick Wins.

Finden Sie heraus, welche Ihrer Produkte nicht preisssensitiv sind

Was uns immer wieder überrascht: extrem selten werden in Unternehmen die Produkte nach preissensitiv/nicht preissensitiv unterschieden. Diese ja/nein-Bewertung kann man sehr einfach – z.B. zusammen mit dem Marketing- und Vertriebsteam – herstellen. Die mathematisch exakte Bestimmung von Preis-Elastizitäten mit drei Nachkomma-Stellen darf man getrost auf später verschieben … und eine Gruppe von nicht preissensitiven Produkten lässt sich durchaus identifizieren.

Machen Sie einfach mal die Überschlagsrechnung: wenn für 5% Ihrer (nicht preissensitiven) Produkte bzw. Ihres Jahresumsatzes die Preise um 10% steigen (ohne dass die Umsätze zurückgehen), dann hat das beachtliche kurzfristige Ergebniseffekte.

Wenden wir uns im nächsten Schritt den langfristigen Wirkungen zu.

Pricing-Projekte

Pricing-Kompetenz: die langfristigen Pricing-Wirkungen auf der individuellen Ebene.
Quelle: © Unicconsult Strategieentwicklung GmbH

Der Aufbau individueller Pricing-Kompetenz

Sprechen wir also über die längerfristigen Effekte von Pricing-Projekten. Auf der individuellen Ebene können wir feststellen, dass die praktische Umsetzung preisstrategischer Konzepte und Initiativen durch ein Team von Führungskräften und Experten zu einem Aufbau von Wissen und Erfahrungen im Pricing führt. Wir nennen das (individuelle) Pricing-Kompetenz – eine Kompetenz-Dimension, die sehr selten in den Anforderungskatalogen und Stellenprofilen von Managern auftaucht. Warum eigentlich?

Individuelle Pricing-Kompetenz beinhaltet Fähigkeiten und Erfahrungen

  • im Entwickeln und Umsetzen von Preisstrategien
  • im empirischen Testen der Annahmen, auf der die Preisstrategien beruhen
  • in der Umsetzung von Preisstrategien durch entsprechende Strukturen, Prozesse, IT-Systeme, Projekte und Anreizsysteme
  • in der Messung der Effekte der Preisstrategien auf der Basis von Pricing-Scorecards.

Zur Pricing-Kompetenz ist anzumerken, dass ich das Thema hier der “individuellen” Ebene zuordne. Letztlich hat Pricing-Kompetenz auch eine organisationale Seite und gehört deshalb eigentlich zusätzlich auch auf die rechte Seite unserer Matrix: in den unternehmensbezogenen, gut durchdachten, optimierten und IT-unterstützten Prozessen des Pricing steckt (hoffentlich!) viel Pricing-Kompetenz.

Pricing-Kompetenz kann auch in den Unternehmensprozessen stecken!

Man könnte es auch so sagen: wenn Unternehmen in ihren Prozessen viel Pricing-Kompetenz “versteckt” bzw. aufgebaut haben, dann haben sie wirksame Leitlinien etabliert, mit denen auch Manager mit begrenzter Pricing-Erfahrung arbeiten können.

Pricing-Projekte

Überdurchschnittliche Rendite – die langfristigen Pricing-Effekte auf Unternehmensebene.
Quelle: © Unicconsult Strategieentwicklung GmbH

Strategisches Pricing: Langfristige Wirkungen auf der Ebene der Umsatzrendite

Bleibt das letzte Feld unserer Matrix: die langfristigen Wirkungen auf der Unternehmensebene. Wenn Firmen sich im Rahmen ihrer strategischen Ausrichtung vorgenommen haben, in den Bereich des strategischen und operativen Pricing zu investieren, dann ist zu erwarten, dass dies zu einer im Vergleich zum Wettbewerb höheren Rendite führt.

Umfassende empirische Belege für diesen Zusammenhang sind mir zwar nicht bekannt; entsprechende Studien wären wegen der vielfältigen und sich überlagernden Einflussfaktoren – wie etwa Konjunktur oder Branchenentwicklungen – wohl auch schwer durchführbar.

Strategisches Pricing als dauerhafter Wettbewerbsvorteil

Andererseits darf ich hier auf prominente Beispiele in einzelnen Branchen verweisen – zugegebenermaßen etwas, das ich als anekdotische Evidenz zu bezeichnen pflege. Denken Sie in an Unternehmen wie Amazon, Zara oder bonprix: diese Firmen haben viele Jahre daran gearbeitet, interne Prozesse zu schaffen, die ihnen einen Wettbewerbsvorteil im strategischen Pricing verschaffen. Zara und bonprix setzen darauf, anhand von Tests möglichst genaue Forecasts für zu erwartende Absatzmengen ihrer Artikel zu erhalten, mit deren Hilfe dann Mengen UND Preise ergebniswirksam optimiert werden.

Apple und seine konsequente preisstrategische Linie

Auch Apple ist hier zu nennen – nicht etwa, weil die Produkte zweifellos besonders durchdacht und anwenderorientiert gestaltet sind oder weil Apple eine extrem starke Marke ist. Wer seit mehreren Jahren Erfahrungen in der Beschaffung von Apple-Produkten gesammelt hat, wird bestätigen, dass auch in der Distributionsstruktur von Apple eine konsequente preisstrategische Linie gefahren wird – die Pricing-Prozesse in den Vertriebskanälen hat Apple offensichtlich gut im Griff.

Und das führt dazu, dass Apple beispielsweise im weltweiten Markt für Mobiltelefone einen Marktanteil von 20 – 25% hat, aber 60 – 80% der weltweiten Gewinne realisiert. Das ist das Ergebnis von Pricing-Kompetenz.

Nutzen Sie unsere Matrix und machen Sie eine Bestandsaufnahme für Ihr Unternehmen: wo stehen Sie heute – und wo wollen Sie morgen stehen?

Ich freue mich auf Ihre Kommentare und Anmerkungen zum Thema “Langfristige Wirkungen von Pricing-Projekten”, am liebsten direkt an riekhof@nullunicconsult.com.

Mit besten Wünschen und bis zum nächsten Pricing-Newsletter – und vielleicht sehen wir uns ja bald in Hamburg in einem meiner Pricing-Seminare?

Ihr Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

Nehmen Sie an unserem Pricing-Seminar teil!

Setzen Sie den Preis als strategischen Hebel zu mehr Wertschöpfung ein.

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