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Wie Sie Kundenkarten zum personalisierten Pricing nutzen können

von Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

Kundenkarten: sie bringen (heute) wenig für den Verbraucher

Kundenkarten kennen wir seit vielen Jahrzehnten, und manche Verbraucher tragen immer noch Plastikkarten diverser Unternehmen in ihrem Portemonnaie mit sich herum. Unter der Überschrift „Bonusprogramme versprechen viel – und sparen wenig“ berichtet das Handelsblatt (9.-11.2.24, S. 26 f.) über diese Kundenkarten und die mit ihnen verbundenen Bonusprogramme. Das Fazit ist ziemlich klar: die Ersparnis der Kunden liegt bei weniger als einem Prozent.

Nutzungsquoten der Kundenkarten gehen zurück

Bei einem Einkauf von 30 € sind das also 30 Cent, über die sich der Kunde dann freuen kann. Ist es das wert? Rechnen das die Kunden aus? Dafür bekommt man nicht mal eine einzige Nespresso-Kapsel.

Auf dem Weg zum location-getriebenen Pricing

Dass da Fragezeichen hinsichtlich der Kundenkarten angebracht ist, kann man auch an den zurückgehenden Nutzungsquoten dieser Karten ablesen. Aber so schnell sollte man sich von der Idee der Kundenkarte nicht verabschieden. Richtig eingesetzt, kann sie ein Instrument des personalisierten und zudem location-getriebenen Pricing werden.

Digitale Kundenkarten als App: ein Instrument zur Individualisierung des Pricing

Aus unseren UNICconsult- und locandis-Projekten kennen wir die Erfolgsfaktoren dieser App-basierten Kundenkarten. Unter www.unicconsult.com finden Sie auch unsere empirischen Studien zu diesem Thema. Ich möchte Ihnen ein paar wichtige Ergebnisse unserer Projekte vorstellen.

1. Transaktionsdaten und Kundendaten per KI auswerten:

Kundenkarten machen heute nur noch Sinn, wenn sie in digitaler Form als App verfügbar sind. So lassen sich die Transaktionsdaten in Verbindung mit den Kundendaten auswerten und für das Pricing (in Form von Rabatten oder Punkten) nutzen. KI-basierte Analysen des Kaufverhaltens und entsprechende strategische Ableitungen sind hier sinnvoll.

Kundenkarten

Digitale Kundenkarten: Individualisierte und location-getriebene Rabatte
Quelle: © iStockphoto

2. Auf eigene Kundenkarten setzen anstatt Daten mit anderen zu teilen

Wir sind skeptisch, wenn Unternehmen ihre Kundendaten mit Payback oder der Deutschlandcard teilen. Die meisten großen Retailer haben das Potential, eigene digitale Kundenkarten einzuführen. Und es gibt Signale, dass die großen Retailer wie etwa Lidl, Edeka, Kaufland, REWE zunehmend auf eigene Kundenkarten setzen. Auch Aral ist hier zu nennen.

3. Rabatte nach Categories und Kundengruppen differenzieren

Weitgehend unausgeschöpft ist unserer Erfahrung nach das Potential, Rabatte oder Punkte sehr stark zu differenzieren, etwa nach Categories / Warengruppen oder nach Kundengruppen. Manche Warengruppe ist so knapp kalkuliert, dass ein Rabatt wirtschaftlich nicht vertretbar ist. Andere Artikel verkraften hingegen auch einen Rabatt von 10 % und mehr (dadurch wird ein echter Kauf-Impuls gesetzt). Das bisherige Kaufverhalten ist der beste Prädiktor für das zukünftige Kaufverhalten, so dass die Wirksamkeit von Rabatten datenbasiert prognostiziert werden kann.

4. Situative Kaufimpulse direkt am Regal senden: Location Based Marketing

Eine wichtige und weitgehend unterschätzte Dimension der Kaufentscheidung sind die situativen Faktoren. Die finalen Kaufentscheidungen im Handel fallen zu einem hohen Prozentsatz erst direkt am POS. Und hier können digitale Kundenkarten Kaufimpulse setzen, indem durch Location Based Marketing direkt im Store, am Regal oder in der Kassenzone Werbebotschaften oder auch Rabatte für bestimmte Warengruppen ausgespielt werden. Diese Art des digitalen situativen Pricing nutzen heute noch sehr wenige Retailer. Unter www.locandis.de kann man Projekte sehen, die wir in diesem Bereich umgesetzt haben.

5. Die Markenartikel-Hersteller ins Boot holen

Wir haben in zwei Pilotprojekten sehr interessante Erfahrungen mit der Einbeziehung der Lieferanten in diese Bonusprogramme sammeln können. Die Lieferanten – meistens Markenartikel-Hersteller mit sehr begrenztem Zugang zu Endkunden-Daten – erfahren in diesen Projekten viel über das Kaufverhalten der Kunden in ihrer Category. Und dafür sind sie bereit, sich an den Kosten dieser Programme zu beteiligen. Angesichts der Umsatzrendite vieler Retailer ein fairer Deal.

Wenn also Bonusprogramme viel versprechen und wenig halten, wie es das Handelsblatt zum Ausdruck bringt, dann liegt es auch daran, dass diese Programme viel intelligenter gestaltet werden könnten.

Herzliche Grüße
Ihr

Prof. Hans-Christian Riekhof