Neupositionierung: Warum die B2B-Marke Riegler nun auf Emotionen setzt

Im Interview mit Prof. Riekhof erklärt Philipp Wacker, Geschäftsführer des Druckluft- und Pneumatik-Spezialisten Riegler, die Hintergründe der Neupositionierung seiner B2B-Marke.

Im Business-to-Business-Umfeld eine Marke zu neu auszurichten, ist eine anspruchsvolle Herausforderung. Das Rebranding einer B2B-Marke stand im Mittelpunkt eines Vortrags von Philipp Wacker (Foto), Geschäftsführer des Unternehmens Riegler & Co KG in Bad Urach. Die Branche: Druckluft und Pneumatik. Am Praxisbeispiel der Neuausrichtung seiner Marke gewährte er in der Privaten Hochschule Göttingen (PFH) Einblicke in deren B2B-Marketing-Konzeption.

Der Absolvent der PFH erschien auf Einladung von Dr. Hans-Christian Riekhof, Professor für Internationales Marketing. Im Interview mit Riekhof erläutert Wacker die Hintergründe der Neupositionierung seiner Marke.

Professor Riekhof: Sie haben für das Unternehmen Riegler eine komplette Neupositionierung der Marke vorgenommen. Was war der Auslöser für diese Entscheidung?

Philipp Wacker: Es gab drei Faktoren, welche eine große Rolle gespielt haben. Zum einen war die Marke RIEGLER historisch bedingt nicht eindeutig beschrieben. Es gab unterschiedliche Auffassungen, wer RIEGLER ist oder für was RIEGLER steht, in Teilen intern, aber speziell gegenüber unseren Geschäftspartnern. Zweitens arbeiteten wir mit Bildwelten aus fünf verschiedenen Generationen, welche rein optisch einfach nicht mehr zusammenpassten. Und zu guter Letzt befinden wir uns mit unserer Branche, dem technischen Handel, in einem stark commodity-geprägten Markt. Rationale Leistungen dominieren und es herrscht Preiskampf, also Verdrängungswettbewerb.

Riekhof: Wie überzeugt man die gesamte Unternehmensleitung einschließlich der Gesellschafter, dass eine Neupositionierung erforderlich war?

Wacker: Bewusst war es uns schon länger, dass wir etwas tun müssen. Ich denke, dass ich als neue Generation sicher der wesentliche Faktor war, um diesen Schritt dann letztendlich auch umzusetzen. Die Unternehmensleitung war aber komplett ins Projektteam integriert und bei vielen Workshops mit dabei. Sie konnte von Beginn an mitbegleiten, eigene Impulse miteinbringen und in gewisse Richtungen lenken. Wir haben die Prozesse auch in den Gesellschafterversammlungen regelmäßig vorgestellt und sind auf große Zustimmung gestoßen. Das Konzept wird von allen Kommanditisten mitgetragen.

Riekhof: Gibt es einen Business Case für die Neupositionierung, d.h. erwarten Sie, dass sich der Aufwand in absehbarer Zeit rechnet?

Wacker: In erster Linie ist die Neupositionierung eine strategische Maßnahme, um die Marke zukunftsfähig zu platzieren. Wir positionieren uns als Lösungsfinder für unsere Kunden und passen die Touchpoints der relevanten Customer Journeys entsprechend auf ein neu erarbeitetes Leistungsversprechen hin an. Einen messbaren ROI sollten man deshalb erwarten können, es ist jedoch schwierig vorherzusehen, wann dieser eintritt.

Wir wollten Emotionen wie Abenteuer, Phantasie und Genuss

Riekhof: Wie ist es Ihnen gelungen zu verdeutlichen, dass es auch im B2B-Feld sinnvoll und notwendig ist, in der Kommunikation die emotionale Dimension zu betonen?

Wacker: In diversen Analysen haben wir herausgefunden, dass die Kommunikation der meisten Anbieter am Markt sehr stark durch klassische Botschaften geprägt ist. Die meisten sind „schon ewig dabei“, sind „leistungsstark“, „verlässlich“ und bieten einen „ausgezeichneten Service“. Auf Produktebene wird häufig „Produktlego“ gespielt, die viel interessanteren Nutzendarstellungen fehlen. Mit so einer austauschbaren oder gar langweiligen Art der Kommunikation überzeuge ich heute niemanden mehr, speziell nicht in Zeiten der Digitalisierung. Wir sehen es als Chance, mit Emotionen wie Abenteuer, Fantasie oder Genuss diesen rationalen Faktoren der Disziplin und Kontrolle mehr entgegenzuwirken und einer Marke so auch etwas mehr Frische und Sexyness zu verleihen.

Wir werden deshalb künftig mehr Fokus auf Bekanntheit und Sympathie legen. Wir wollen mehr „Mut“, „Machen“, „Wachrütteln“ und auch „Power“ kommunizieren. Auch haben wir bei vielen Kunden historisch bedingt noch eine Art Kumpelstatus. Den wollen wir ablegen. Wir wollen mehr der Kreateur und Lösungsfinder für den Kunden sein.

Riekhof: Bei der Neupositionierung der Marke Riegler haben Sie auf die Unterstützung einer Agentur zurückgegriffen. Welche Kriterien waren für Sie bei der Agenturauswahl besonders wichtig?

Wacker: Uns war es wichtig, dass die Agentur eine Kompetenz im Bereich der Markenentwicklung besitzt. Wir hatten einige Pitches und haben uns für eine Agentur aus Stuttgart entschieden. Diese hatte den Fokus auch auf die Markenentwicklung mit emotionalem Mehrwert. Das passte dann ganz gut zu uns.

Riekhof: Was war der wichtigste Grund, im Rahmen des Neupositionierungs-Projektes auf Personas zurückzugreifen?

Wacker: Das PERSONA-Modell ermöglicht uns eine genauere Ansprache unserer Zielgruppen. Bspw. beliefern wir klassische technische Händler als auch OEM. Beide Zielgruppen haben in der direkten Kommunikation unterschiedliche inhaltliche Anforderungen. Bei einem OEM spreche ich in der Regel mit einem Ingenieur, bei einem Händler mit einem klassischen Einkäufer. Wir wollen weg vom Schema F hin zu bedarfsgerechter Kommunikation. Also weg von „was wollen WIR sagen“ hin zu „was INTERESSIERT die unterschiedlichen Typen“. Deshalb war das PERSONA-Modell ein wesentlicher Bestandteil bereits in der Markenfindungsphase.

Riekhof: Wie ist die Kernidee „Von Machern für Macher“ entstanden?

Wacker: Wir haben überlegt, wo wir uns als Marke positionieren wollen bzw. welches glaubwürdige, relevante und differenzierende Feld uns noch bleibt, das im Markt noch unbesetzt ist. Und wo geht der Trend der Differenzierung hin, wenn ich mit rationalen Leistungen wie Produktverfügbarkeit und heute bestellt/morgen geliefert nicht mehr punkten kann. Und das ist der Servicegedanke. Hier sind wir stärker als andere Anbieter. Wir bieten unseren Kunden ein Multi-Channel-Konzept welches bspw. Mitreisen unseres Außendienstes, Engineering-Dienstleistungen, personalisierte Werbemittel, eine exzellente Stammdatenqualität oder personalisierte Webshops umfasst. Diesen Servicegedanken und die entsprechende konsequente Ausrichtung hin zur klaren Erkennung und Umsetzung von Kundenbedürfnissen haben uns dazu bewogen, das Macher-Konzept ins Leben zu rufen.

Des Weiteren sagen wir, dass wir die Herausforderungen der heutigen Zeit aktiv und gemeinsam mit unseren Kunden angehen. Eben „von Machern für Macher“.

Riekhof: Können Sie die Tonalität beschreiben, die der neuen Positionierung zugrunde liegt?

Wacker: Die Tonalität eines „Machers“ ist entsprechend anders, eben emotional. Wir wollen dem Kunden durchweg positiv formulierte Botschaften senden, die zwar etwas provokant aber auf eine sehr sympathische Art und Weise formuliert sind. Da wie gesagt die Kundenorientierung und der Servicegedanke im Fokus der Kommunikation steht, drücken wir uns sehr zielorientiert („Können ist eine Sache, Machen können eine andere“) und inspirierend („Würden wir nur Teile liefern, wären wir Postboten geworden“) aus. Natürlich ist ein Macher auch immer aktivierend und überraschend.

Riekhof: In der Kommunikation setzen Sie nicht auf Models, sondern haben eigene Mitarbeiter für das Fotoshooting eingesetzt. Was waren die Motive, und wie haben die Mitarbeiter darauf reagiert?

Wacker: Die Macher sind wir selbst, jeder einzelne Mitarbeiter von uns. Wir haben deshalb auf externe Fotomodels verzichtet und die Macher, also uns selbst, in die Kommunikation eingebaut. Bei den Mitarbeitern kam dies extrem gut an, eine solche Aktion ist absolut wertschätzend und motivierend.

Riekhof: Im Rahmen der Umsetzung der neuen Positionierung haben Sie auch eine neue Sortimentsarchitektur geschaffen. Was waren die Zielsetzungen, und können Sie schon erste Wirkungen feststellen?

Wacker: Wir wollen auch unsere Sortimentsstruktur auf das neue Leistungsversprechen hin anpassen. Also haben wir uns die Frage gestellt, wie wir es schaffen, Kundenverständnis, unsere Machertradition sowie Mehrwertqualitäten zu beweisen, indem alle RIEGLER-Kunden „immer und ganz einfach die passenden Produkte finden“. Anhand der Anforderungen unserer PERSONAS haben wir daraufhin ein Klassenmodell entwickelt, welches das Sortiment nach diversen Kriterien sortieren oder gliedern soll. Hier geht es dann bspw. um ein Sortiments-Leitsystem oder Qualitäts- oder Individualabstufungen. Kurz zusammengefasst soll das Sortiment Orientierung, Einfachheit und Vertrauen vermitteln. Mehr darf ich dazu im Moment leider nicht sagen, wir werden damit erst kommendes Jahr am Markt auftreten.

Riekhof: Ist Amazon für das Riegler-Geschäftsmodell mittelfristig eine Bedrohung?

Wacker: Nein, das glaube ich nicht. Ich sehe die digitale Entwicklung des B2B Handels für RIEGLER eher als Chance. Pure Player wie Amazon, Contorion oder auch Conrad setzen auf starke Marken. Mit unserer Positionierung machen wir uns für diese Kundengruppe extrem attraktiv. Betrachtet man das neue Image von RIEGLER, nähert man sich sicherlich an einen Standard, welchen gestandene Marken in diesem Bereich bereits bieten. Auf der anderen Seite sind wir im E-Business Service stark. Wir bieten eine exzellente Stammdatenqualität und wickeln bereits über 50% unserer Aufträge auf elektronischem Wege ab. Unsere PERSONA aus dem E-Commerce-Bereich würde sagen „Wenn der Content passt …“. Ich denke, das trifft es sicherlich auf den Punkt.

Riekhof: Herr Wacker, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.