ZEIT: Also gehört der sich prekär fühlende Dotorand mit Freunden in Kalifornien, Paris und Barcelona heute in Wahrheit zur herrschenden Klasse?
Reckwitz: „In der Zuspitzung ja, er gehört kuturell zur neuen Mittelklasse, auch wenn das Einkommen momentan gering sein mag.Diesen Lebensstil prägt auch das kosmopolitische Gefühl kultureller Selbstermächtigung: Man fühlt sich berechtigt, beispielsweise die Welt zu bereisen, sich Fremdes kulturell anzueignen. Man hat den Anspruch an das eigene Leben, es ästhetisch und ethisch durchzustrukturieren: das gesunde Essen, die Pflege des Körpers, vielseitige Freizeit und interessanter Beruf, die guten Schulen für die Kinder, von denen man mehr erwartet, ebenso vom Partner. Die anspruchsvolle Haltung gegenüber dem Leben ist typisch für die neue Mittelklasse.“

– Andreas Reckwitz (Prof. für vergleichende Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder) in Die Zeit, Nr. 41, 5. Oktober 2017

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