Maik Richter, Geschäftsführer der Agentur Heimat Berlin, im Gespräch mit Herrn Professor Riekhof

Im Rahmen des 6. Göttinger Marketingtages am 11. November 2016 wird Maik Richter von der Agentur Heimat über den Erfolg der Hornbach-Kampagnen sprechen. Vorab hat Herr Professor Riekhof ein Interview mit Maik Richter geführt.

Prof. Riekhof: Hornbach ist im Vergleich zu seinen direkten Wettbewerbern der Baumarkt mit der frechsten und gleichzeitig auch aufmerksamkeitsstärksten Werbung. Worauf führen Sie das zurück?

Maik Richter: Auf den Mut und die Intelligenz aller Beteiligten. Und darauf gesetzt zu haben, es anders zu machen als alle anderen. Und sich von einer Produkt-, Preis- und Angebots-geprägten Kommunikation zu verabschieden und einen eigenen Weg zu gehen. Den geht Hornbach nun schon seit über 15 Jahren. Dabei müssen wir nicht immer die frechsten sein – und sind es ja auch nicht immer –, sondern diejenigen, die den Heimwerker und seine Bedürfnisse am Besten verstehen. Das spüren die Heimwerker. Sie finden sich wieder und bei Hornbach einen „Bruder im Geiste“. Wir haben uns von Anfang an damit beschäftigt, zu verstehen, was Baumarkt-Kunden, Heimwerker und Macher antreibt. Und haben es dann in der Kommunikation so umgesetzt, dass auch Hornbach von seinen (potentiellen) Kunden verstanden wird, als „einer von uns“ erkannt wird. Auf eine Art und Weise, die natürlich erst einmal Aufmerksamkeit bekommen muss, um überhaupt gehört zu werden. Die Darreichung ist spektakulär, der Kern und damit die Botschaften der Hornbach-Werbung immer relevant für deren Empfänger.

Prof. Riekhof: Was transportiert die Hornbach-Werbung? Was ist die langfristige Positionierung von Hornbach? Besteht die Gefahr, dass jede Kampagne eine neue Botschaft sendet, so dass der Markenkern gar nicht genügend sichtbar wird?

Maik Richter: Hornbach steht für „Leidenschaft für Projekte“. Und ist damit besagter Bruder im Geiste eines jeden Heimwerkers. Dieser Geist steckt in allen Hornbach-Kampagnen – und vor allem auch im täglichen Tun aller, die bei Hornbach arbeiten. Es geht hier also nicht nur um ein großes Versprechen, sondern um ein gehaltenes Versprechen. Diese Substanz in der Marke und ihrer Leistungsfähigkeit gibt Rückenwind für diese Art der Kommunikation. Hornbach wird ihre Kunden nicht enttäuschen. Und so kommunizieren wir auch. Auf Basis der Kommunikation wird niemand eine schlechte Performance erwarten. Im Gegenteil: Man erwartet gute Beratung, gute Produkte, ein breites Sortiment und gute Preise. Auch wenn wir in einem großen Teil der Kommunikation gar nicht im Detail darüber reden. Sie haben Recht, jede Kampagne sendet eine neue „Botschaft“, in Form eines Kampagnenmottos, eines Produktes wie dem Hornbach Hammer aus Panzerstahl oder bezieht sich auf das aktuelle Zeitgeschehen. Dies erfolgt jedoch immer aus dem Kern der Marke und ihrer Haltung heraus. Das Ergebnis: Hornbach Werbung erkennt man sofort.

Prof. Riekhof: Testen Sie neue Kampagnen, bevor diese on air gehen? Hat es da schon wesentliche Erkenntnisse gegeben, die zur Veränderung von Kampagnen geführt haben?

Maik Richter: Ja, wir testen alle Kampagnen, bevor sie realisiert werden. Und durch die gewonnenen Erkenntnisse gab es auch schon Veränderungen. Für uns ist vor allem entscheidend, dass unsere Botschaften ankommen und in diesem Zusammenhang wird hier und da auch etwas verändert, damit es besser verstanden werden kann. Wichtig ist dennoch, nicht im klassischen Sinne „Mafo-hörig“ zu sein. Die Befragten referenzieren ja mit dem, was sie kennen. Und damit kann man Gefahr laufen, Neues im Keim zu ersticken. Obwohl uns in der Hornbach-Forschung eher das Gegenteil passiert: Es kommt schon mal dazu, dass eine Idee noch nicht „Hornbach genug“ ist. Die Konsumenten haben den Hornbach-Weg verstanden und sind sofort kritisch, sobald eine Kampagne Gefahr läuft, austauschbar zu werden und vielleicht auch in dieser Form bei einem Wettbewerber denkbar wäre.

Prof. Riekhof: Wie verteilt sich das Marketingbudget auf die verschiedenen Kanäle, und wie wird die Verteilung vermutlich in 3 Jahren aussehen? Betreut Heimat als Agentur die Aktivi­täten für alle Kanäle im Sinne eines „Integrated Marketing“?

Maik Richter: Das kann ich Ihnen leider nicht im Detail erläutern. Ein bisschen Geheimrezept muss bleiben. Als Leadagentur kümmern wir uns um alle Kanäle und sorgen gemeinsam mit dem Hornbach Marketing-Team und der Media-Agentur für eine inhaltliche Ausgestaltung und eine sinnvolle Größenverteilung. Die Bespielung über mehrere Kanäle hinweg haben wir mit Hornbach sehr früh betrieben. Mit Ron Hammer entstand bereits 2006 ein Viral-Hit, ohne das „Viral“ überhaupt ein Buzzword war. „Das grenzenlose Haus“, der „Hornbach Hammer aus Panzerstahl“ waren Kampagnen, die vor allem digitale Kanäle genutzt haben. Im Kern steht immer die Idee – und die ist, wenn sie gut ist, erst einmal medieneutral und findet ihren Weg an der richtigen Stelle zu ihrer Zielgruppe. Die Marke hat viel zu sagen, die Substanz ist da und das erfolgt vom TV-Spot bis zum POS. In den sozialen Medien, auf hornbach.de, im Macher Magazin zum Beispiel. Aber eben auch am Stammtisch, wenn die Heimwerker untereinander sprechen. Wir wollen im Kopf der Leute sein, wenn sie einen Partner für ein Projekt brauchen. Und ihnen keines aufschwatzen.

Prof. Riekhof: Wie organisieren Sie intern die Agenturarbeit für Hornbach? Gibt es mehrere Teams, die an Hornbach-Kampagnen arbeiten, um mehr Kreativität freizusetzen?

Maik Richter: Es gibt eine ganze Mannschaft, auch „Unit“ genannt. Dadurch setzen wir einerseits mehr Kreativität frei, wie Sie sagen, andererseits ist eine große Mannschaft von Nöten, um die Summe der Kommunikationsaufgaben zu bewältigen. Wir haben ja nicht nur eine gewisse Anzahl von großen Kampagnen im Jahr, sondern darüber hinaus vieles mehr. Das reicht von der Entwicklung einer Eigenmarke bis zum täglichen Agieren in den sozialen Medien.

Prof. Riekhof: Können Sie uns sagen, wie der Ressourceneinsatz für die Marketing-kampagnen bei Hornbach im Vergleich zu den Wettbewerbern aussieht? Gibt Hornbach mehr Geld aus für mediale Kampagnen?

Maik Richter: Diese Frage freut mich. Denn sie unterstellt ja fast ein bisschen, dass man das denken könnte. Das Gegenteil ist der Fall. Hornbach gibt weniger Geld dafür aus, ist aber dennoch der kommunikative Anführer in der gesamten Branche. Das liegt eben an der – wie Sie es eingangs nannten – „frechsten“ Kommunikation. Die man mitbekommt, die man sich merkt, mit der man sich gerne beschäftigt. Und die man dann eben auch am Stammtisch oder mit den Freunden bespricht. Und diese mediale Weiterverteilung kostet nichts, findet aber trotzdem statt.

Prof. Riekhof: Wie gestaltet sich bei den Kampagnen die Erfolgskontrolle? Gibt es standar­disierte Erfolgskontrollen und Scorecards, mit denen Kampagnen hinsichtlich ihrer medialen Leistung verglichen werden?

Maik Richter: Die Performance wird fortlaufend gemessen und wir sehen genau, wenn bestimmte Bewertungsparameter sich verändern. Einzelne Kampagnen arbeiten unterschiedlich stark, aber allesamt auf einem sehr hohen Niveau. Meist wissen wir bereits im Vorfeld, welche Kampagne zu Publikumslieblingen werden und dann auch entsprechend herausstechen, aber manchmal gibt es auch Überraschungen. Die bekommen wir durch die Forschung dann sehr schnell mit.

Prof. Riekhof: Wie sieht ein Kreativprozess bei Heimat aus? Wie finden Sie die außergewöhnlichen Ideen, wie zum Beispiel die „Mach was gegen Hässlich“ Kampagne? Und finden diese Ideen immer sofort Akzeptanz beim Kunden?

Maik Richter: So einen richtigen Prozess gibt es nicht. Das ist vermutlich schon ein Teil des Geheimnisses. Wir probieren viel aus und hängen nicht an den Dingen, wenn sich herausstellt, dass sie doch nicht richtig funktionieren. Wir verwerfen sehr viel – und bleiben dabei gut gelaunt. Was auch dazu gehört, sind Meinungen der Kollegen. Jede ist wichtig. Es gibt keine klassische Hierarchie, die bessere Idee entscheidet. Und wir haben viele, sehr unterschiedliche Charaktere in unserem Team. Da gibt es auch Reibung. Diese Mischung aus – sagen wir mal – gesundem Menschenverstand und Wahn ist sicherlich sehr hilfreich. Vor allem ist es aber das genaue Hinsehen, das Hineinversetzen in die Zielgruppe des Heimwerkers, um immer wieder Themen und Ideen zu finden, die an ihre ureigenen Motive andocken. Und damit relevant sind und zum Erfolg führen. Beim Kunden bekommen die Dinge immer Akzeptanz, wenn sie auf die eben beschriebene Art und Weise Sinn machen. Über die Form der Ausgestaltung unterhalten wir uns hier und da natürlich. Aber durch eine gleiche Grundüberzeugung sind wir uns schnell einig und wir als Agentur müssen niemals den Kunden überreden, sich etwas zu trauen, im Gegenteil.

Prof. Riekhof: Herzlichen Dank für das Gespräch.

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