Buchtipp No. 55 (2022): JOSEPH HANLON / ARMANDO BARRIENTOS / DAVID HULME: JUST GIVE THE MONEY TO THE POOR. THE DEVELOPMENT REVOLUTION FROM THE GLOBAL SOUTH.

Boulder/Cal. 2013

Von Hans-Christian Riekhof

Manche Bücher fallen mir erst mit einer gewissen Verspätung in die Hände, so auch dieses. Es ist deshalb nicht weniger aktuell, eher im Gegenteil. Und schon Nassim Nicholas Taleb hat uns ja darauf hingewiesen, dass man eigentlich gar keine gerade erschienen Bücher kaufen sollte, weil man gar nicht weiß, ob sie auf Akzeptanz stoßen, ob sie inhaltlich gut sind und ob sie es jemals zu einer zweiten Auflage bringen werden.

Hanlon und seine Ko-Autoren berichten über einen weitgehend unbemerkten Trend und eine stille Revolution im Kampf gegen die Armut im globalen Süden. Die Kernidee ist zunächst vielleicht überraschend, aber auf den zweiten Blick sehr einleuchtend: Arme Bevölkerungsgruppen zeichnen sich dadurch aus, dass sie kein Geld haben. Darüber muss man schon einen Moment nachdenken.

Hanlon/Barrientos/Hulme: ein regelmäßiger und zuverlässiger Geldbetrag an arme soziale Gruppen

Diese sozialen Gruppen also nicht mit Bildung, Kleinkrediten, Medikamenten oder anderen kostenlosen Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge zu unterstützen, sondern ihnen regelmäßig und zuverlässig einen (nicht sonderlich großen) Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, steht im Mittelpunkt zahlreicher Programme in von Armut gekennzeichneten Ländern.

Hanlon et al. beschreiben diese im Detail sehr unterschiedlich ausgestalteten Programme und deren beachtliche Erfolge. Zu den messbaren Auswirkungen zählen eine nachweislich bessere Ernährung der Betroffenen, eine geringere Kindersterblichkeit, eine bessere gesundheitliche Konstitution und ein regelmäßigerer Schulbesuch der betroffenen Kinder.

Regelmäßige Zahlungen mit positiven Auswirkungen auf Schulbesuch, Gesundheit und Arbeit

Natürlich gibt es Fragen, bei denen es weiteren Forschungsbedarf gibt, etwa wie das Targeting ausgestaltet werden kann, d.h. nach welchen Kriterien die berechtigten Familien ausgewählt werden. Manche Programme stellen Bedingungen für die regelmäßigen Zahlungen (etwa die Teilnahme an gesundheitlichen Vorsorgeprogrammen oder der Schulbesuch der Kinder) – das sind sog. CCT Programme (Conditional Cash Transfer).

Aber es gibt durchaus Hinweise darauf, dass auch bedingungslose Zahlungen sehr positive Wirkungen auf Schulbesuch, Gesundheit und auch die Erwerbstätigkeit haben. Diese Zahlungen führen keineswegs dazu, dass die Betroffenen die Hände in den Schoß legen. Sie haben einfach mehr Zeit, mehr Energie und mehr Geld, um die alltäglichen Probleme zu lösen.

Bedingungsloses Grundeinkommen für arme Bevölkerungsgruppen

Eines scheint ziemlich klar: diese Zahlungen – gewissermaßen ein bedingungsloses Grundeinkommen für die wirklich armen Bevölkerungsgruppen – führen nicht dazu, dass die Betroffenen keiner Arbeit mehr nachgehen. Und auf eine weitere Nebenwirkung weisen die Verfasser hin: man braucht keine teuren Entwicklungsprogramme und keine Entwicklungshelfer mit Geländewagen mehr, um diese Cash Transfers zu organisieren.

Hans-Christian Riekhof

 

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