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Media-Saturn: Online und stationär die gleichen Preise

Florian Welz Media Saturn

Im Rahmen der Pricing-Studie 2015 entstand ein Interview mit Florian Welz, Media-Saturn E-Business Concepts & Services GmbH. Das Interview führte Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof.

Florian Welz ist COO der Media Saturn MultiChannel / E-Business GmbH und dort verantwortlich für Store, Multichannel-Konzepte und die Marke Saturn. Welz ist seit 2012 im Unternehmen, er verantwortet das Gesamtprojekt des Roll Outs Elektronische Preisschilder (ESL) und die damit verbundenen Pricing-Themen der Media Saturn. Zuvor arbeitete der Diplom-Ingenieur rund zehn Jahre in verschiedenen Management-Funktionen für BMW und eine Bertelsmann-Tochtergesellschaft.

Prof. Riekhof: Gibt es Forschungsergebnisse aus unserer Studie 2015, die Ihnen besonders ins Auge fallen, die Sie so nicht erwartet hätten?

Florian Welz: Bei der Durchsicht der Forschungsergebnisse ist mir aufgefallen, dass sich 40 Prozent der Unternehmen als hochpreisig positioniert sehen – das sieht in unserer Branche, dem Einzelhandel, ganz anders aus. Und ein großer Anteil der befragten Unternehmen sagt, dass der Preis nur eine mittlere Bedeutung hat, das überrascht mich. Denn es gibt eine Reihe von Potenzialen, die durch ein systematisches und professionelles Pricing gehoben werden können. Für uns ist der Preis extrem relevant, aber das ist natürlich auch durch meinen Branchenblick beeinflusst.

Riekhof: Gibt es in Ihrer Branche Pricing-Strategien und Pricing-Prozesse, die Sie als eine Besonderheit ansehen und die es vermutlich in anderen Branchen nicht oder nicht in der gleichen Form gibt?

Welz: Zunächst einmal ist es wichtig, dass wir grundsätzlich online und stationär die gleichen Preise haben wollen, also alles was online bestellt werden kann, ist zum gleichen Preis im Markt. Wir passen unsere Preise heute einmal am Tag in der Früh bei relevanten Teilen des Sortiments an. Noch gibt es operative Unterschiede in den Ländern, die in das tägliche Pricing einbezogen werden. So haben noch nicht alle Länder elektronische Preisschilder im Regal. Auch zukünftig ist es vorstellbar, dass wir die Preise nur einmal am Tag anpassen, unter Umständen auch über das gesamte Sortiment. Ob das so eintrifft, wird sich zeigen und hängt von vielen Einflussfaktoren ab. Wir werden aber auf keinen Fall die Preise inflationär anpassen. Das ist in der Kommunikation zum Kunden fatal und nicht transportierbar. Wir stellen auch fest, dass die absolute Anzahl der Preisänderungen pro Tag rückläufig ist in jenen Ländern, in denen unser neues System ausgerollt wurde. Die Wettbewerbslandschaft wird viel transparenter für unsere Kunden und gegenüber dem Wettbewerb.

Das Pricing wird insgesamt dynamischer werden

Riekhof: Welchen Veränderungen unterliegt das Pricing in Ihrer Branche? Gibt es hier eine gewisse Veränderungsdyna-mik oder kommen die Preise heute genauso zustande wie vor 10 Jahren?

Welz: CE-Produkte (Consumer Electronics) sind sehr einfach für die Kunden preislich zu vergleichen, da viele Anbieter dieselben Produkte vertreiben. Im CE-Bereich ist auch der Anteil der online gekauften Produkte sehr hoch, das heißt wir stehen voll im Wettbewerb mit Online-Händlern und anderen Multi Channel-Anbietern. Das Pricing wird insgesamt dynamischer werden, und zwar über alle Sortimentsbestandteile. Preis und Auswahl sind Hygienefaktoren für die Kaufentscheidung, die müssen auf jeden Fall stimmen.

Riekhof: Woran richten sich die Preise in Ihrem Hause im Wesentlichen aus: an den Kosten, am Wettbewerb oder am Kunden?

Welz: Der von uns betriebene Aufwand für die Beschaffung von Informationen über Wettbewerbspreise ist hoch, gerade im Multi Channel Handel ist das sehr relevant und wird von manchen Marktteilnehmern noch stark unterschätzt. Neben dem Wettbewerb sind natürlich die Kunden ausschlag-gebend. Wir fragen uns: Wie passen wir in die Welt des Kunden? Wie sieht die Customer Journey aus? Der Kunde hat da einen klaren Einfluss auf unsere Preise. Wie er im LEH weiß, was die Butter und das Brot kosten, so weiß er genau, was bestimmte Imageartikel wie etwa das iPhone 6 oder das Samsung Galaxy kosten. Die Preiskenntnis der Kunden ist äußerst relevant, und wir müssen hier Wettbewerb und Kun-den gemeinsam betrachten. Ein wertorientiertes Pricing, wie es manche Branchen praktizieren, ist für den CE-Handel nicht wirklich relevant. Wir haben Commodities, die vergleichbar sind. Der Markt ist ganz einfach preistransparent.

Riekhof: Gibt es in Ihrem Hause im Rahmen des Pricing-Management-Werkzeuge und Vorgehensweisen, die Sie als richtungweisend bezeichnen würden? Oder folgt das Pricing bei Ihnen – aus gutem Grund – eher branchenüblichen Regeln und Gepflogenheiten?

Welz: Wir führen gerade ein Pricing-Tool ein. Die Pricing-Regeln sind dabei pro Land sehr unterschiedlich, je nach Online-Affinität, unserer Marktpositionierung etc. Wir leiten sie zum großen Teil empirisch aufgrund unserer Erfahrungen selbst ab, aber wir schauen auch auf den Wettbewerb. Das von uns genutzte Tool ist ein zentrales Pricing-Tool, das aber auch lokale Einflüsse abbildet und pro Land individuell gesteuert werden kann. Wir sind gerade dabei, die zukünfigen Preisstrategien für jedes Land festzulegen – und damit auch die Pricing-Organisation. Wir wollen die elektronischen Preisschilder so schnell wie möglich in jedem Markt haben. Die preisbezogene Steuerung der Länder erfolgt aus dem Headquarter, dabei tragen wir den unterschiedlichen Marktreifegraden und Positionierungen Rechnung.

Verkäufer sind stolz, den besten Preis im Markt bieten zu können

Riekhof: Gibt es in Ihrem Hause besondere Werkzeuge oder Instrumente, mit denen Sie die Umsetzung der Pricing-Strategie sicherstellen?

Welz: Bei der Umsetzung der Pricing-Strategie spielt natürlich die Organisation des Pricing eine große Rolle. Das wird bei uns in den jeweiligen Ländern unterschiedlich gehandhabt. In einigen Ländern haben wir Pricing-Manager und Pricing-Teams etabliert, in anderen Ländern ist das Pricing eher im Einkauf verankert. In der Zukunft ist damit zu rechnen, dass wir die Pricing-Abteilung vom klassischen Category Management stärker entkoppeln. Wir haben kein besonderes Incentivierungssystem für die Umsetzung der Preisstrategie vor Ort geschaffen, und wir planen dies auch nicht. Die Mitarbeiter müssen wissen, dass unser Pricing am POS dem Kunden den bestmöglichen Preis bietet. Wenn die Mitarbeiter dies wissen, dann erleichtert das Verkaufsgespräch ganz enorm. Die Verkäufer vor Ort sind stolz, wenn sie dem Kunden sagen können, dass sie ihm den besten Preis im Markt bieten können. Eine zentrale Rolle für die Umsetzung spielt natürlich die IT-Landschaft. Wir haben heute noch keine vollumfängliche Unterstützung durch unsere IT-Systeme. Das wird sich aber massiv verändern. Wir werden zu einem IT-gestützten Pricing kommen, schon wegen der Komplexität des Pricing in der Zukunft.

Riekhof: In welchem Maße haben Sie die in einem professionellen Pricing liegenden Wertschöpfungspotenziale in Ihrem Unternehmen bereits ausgeschöpft?

Welz: Wir sind aktuell dabei, diese Potenziale zu identifizieren. Wir sind da deutlich weiter als viele andere Unternehmen, aber wir stehen erst auf den ersten 30 Prozent der Strecke. Wenn Sie dem Kunden eine ganz klare Preisstrategie vermitteln können beziehungsweise wenn der Kunde verstanden hat, dass er bei uns immer den besten Preis bekommt, dann wird das einen massiven Einfluss auf die Preiswahrnehmung und das Image der Marke haben, gerade wenn man hier eine klar erkennbare Vorreiterrolle einnimmt.

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