Beiträge

„Wir machen das Kreditsystem in Deutschland sicherer und unkomplizierter“

Dr. Michael Freytag, Vorsitzender des Vorstandes der Schufa Holding AG, über Zuverlässigkeit bei Prognosen, Umgang mit Kundendaten und wie sich die Schufa gegen neue Wettbewerber wappnet. Ein Interview.

Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof: Die Schufa liefert im Rahmen von Online-Kaufabschlüssen eine ziemlich schnelle und vom Kunden bei positivem Ergebnis unbemerkte Kreditwürdigkeitsprüfung ab. Wie viel Zeit hat die Schufa dafür, und wie gelingen die Kreditprüfungen mit einer doch extrem hohen Zuverlässigkeit?

Dr. Freytag: In der Tat ist die Zuverlässigkeit der Prognosen – man spricht auch von Trennschärfe – eine besondere Stärke der SCHUFA. Das zeigt sich auch an der hohen Rückzahlungsquote der Konsumentenkredite, die wir verzeichnet haben. Sie liegt mit 97,8 Prozent auf dem höchsten Stand der vergangenen zehn Jahre. Wir tragen mit unserer Arbeit also dazu bei, das Kreditsystem in Deutschland sicherer und zugleich unkomplizierter zu machen. Dazu verarbeiten wir pro Tag rund um die Uhr über 380.000 Anfragen und Meldungen – und zwar jeweils im Bereich von unter einer Sekunde.

Prof. Riekhof: Die Schufa betont, dass sie im Grunde mit relativ wenigen Datensätzen eine sehr hohe Trefferquote in den Kreditwürdigkeitsprüfungen erreicht. Woran liegt das, dass die Schufa offensichtlich nicht auf „Big Data“ angewiesen ist?

Dr. Freytag: Zum einen verfügen wir aufgrund unseres Geschäftsmodells – dem Gegenseitigkeitsprinzip – über einen besonders qualifizierten Datenpool mit Informationen zu nahezu allen wirtschaftlich aktiven Verbrauchern. Dieser Datenpool enthält kreditrelevante Informationen wie zum Beispiel Konten, Kreditkarten, laufende Kredite aber auch Zahlungsstörungen. Wichtig: zu über 90 Prozent der bei uns gespeicherten Personen liegen uns ausschließlich positive Informationen vor. Und wir haben eine erwiesene Kompetenz bei der Entwicklung von trennscharfen Scorekarten.

Prof. Riekhof: Die Schufa ist seit 90 Jahren im Geschäft und sieht sich seit einiger Zeit mit neuen Wettbewerbern konfrontiert, die auf der Basis von online verfügbaren kundenbezogenen Daten Kredit-Scores entwickeln und Kreditprüfungen anbieten. Welche Art von Daten nutzen diese Wettbewerber eigentlich? Gibt es hier rechtliche Grenzen oder auch Grauzonen? Und kann sich die Schufa gegen diese Wettbewerber dauerhaft behaupten?

Dr. Freytag: Die SCHUFA steht seit 90 Jahren für Vertrauen. Vertrauen muss fortwährend bestätigt werden. Je digitaler unsere Welt wird, desto mehr Möglichkeiten wird es geben, anhand von Daten Prognosen zu rechnen. Unser Geschäftsmodell basiert auf Transparenz und das wird auch so bleiben. Alle Kunden können bei uns einsehen, was über sie gespeichert ist. Wir liefern heute schon präzise Prognosen aufgrund von wirtschaftsbezogenen Informationen. Wir erheben keine Daten hinter dem Rücken von Verbrauchern. Wir dringen nicht in die Privatsphäre ein. Hier hat auch der Gesetzgeber klare Grenzen gezogen. Aber es ist für mich auch eine Frage der eigenen Haltung. Ich bin der Überzeugung, dass sich die Unternehmen am Markt durchsetzen, denen Kunden und Öffentlichkeit Vertrauen entgegenbringen. Ein an Werten und Haltung ausgerichtetes Handeln ist dafür eine unabdingbare Voraussetzung.

Prof. Riekhof: Worin sehen Sie den entscheidenden Wettbewerbsvorteil der Schufa gegen diese neuen Konkurrenten?

Dr. Freytag: Die SCHUFA steht für gelebte Qualität und Zuverlässigkeit „made in Germany“. Unsere Marke genießt bei unseren Kunden ein großes Vertrauen. Ein weiterer Faktor ist unser breites und stabiles Fundament: Wir haben ein seit vielen Jahrzenten gewachsenes Geschäft in den Bereichen Kreditwirtschaft, Immobilienwirtschaft, Telekommunikation und Utilities sowie dem Forderungsmanagement. Auch in unseren Wachstumsmärkten Handel, Versandhandel, E-Commerce und der Versicherungswirtschaft wachsen wir. Eine weitere Säule bildet der B2B-Bereich. In ihn haben wir viel investiert und liefern nunmehr eine neue Qualität im Markt der Wirtschaftsauskünfte. Last but not least erfreut sich Privatkundengeschäft über ein kontinuierliches Wachstum. Neben unseren 9000 Firmenkunden vertrauen inzwischen über 2 Mio. Verbraucher unseren Produkten rund um Transparenz, Information und Betrugsschutz. Wir sind wirtschaftlich erfolgreich. Das bedeutet, wir haben die Möglichkeit aus eigener Kraft in unsere Zukunft zu investieren. Ganz wesentlich sind natürlich unsere Mitarbeiter mit ihrer exzellenten Kompetenzen und ihrer Mentalität: Sie sind Profis und ruhen sich nicht auf dem Erfolg aus, sondern entwickeln kontinuierlich neue Lösungen und Technologien, mit denen wir unseren Kunden helfen werden, die Herausforderungen der Digitalisierung zu bewältigen.

Prof. Riekhof: Eine technologisch recht interessante Idee besteht darin, dass man die Verwaltung der eigenen personenbezogenen Daten einem Databot überträgt, der dann den Zugriff berechtigter Dritter auf alle eigenen online verfügbaren Daten nach definierten Regeln administriert. So dürfen dann etwa Steuerbehörden auf bestimmte persönliche Daten zugreifen, und die Steuererklärung wäre vom Bürger mit einem Mausklick zu genehmigen. Auch Google oder Facebook dürften dann nur konkrete freigegebene Daten verwenden. Wie schätzen Sie die Zukunftschancen einer solchen Lösung ein – ist das realistisch und machbar?

Dr. Freytag: Großer Ideenreichtum ist eines der Kennzeichen der digitalen Welt. Aber nicht jede Idee wird ein Erfolg. Ganz grundsätzlich gelten wir Deutsche ja als diejenigen in Europa, die Datenschutz besonders ernst nehmen. Andere Länder – besonders außerhalb Europas – sind hier weniger alert als wir. Vor diesem Hintergrund beobachten wir zwei Trends. Zum einen sind Verbraucher bereit, auch ihre sehr persönlichen Daten herzugeben, wenn Sie dafür eine nachvollziehbare Leistung, also einen spürbaren Mehrwert, erhalten. Persönliche Kauf-Daten gegen Rabatt zum Beispiel. Auf der anderen Seite fordern die Verbraucher „Datensouveränität“ ein. Das heißt, sie sind bereit Daten zu geben, möchten aber zugleich Herr dieser Daten und der weiteren Verteilung bleiben. Sie möchten ihre Daten also managen und entscheiden, wer darf was sehen und nutzen oder eben nicht. Ob die Menschen diese wichtigen Fragen und die Steuerung einem Bot überlassen, vermag ich heute nicht zu beantworten. Ich würde meine Daten lieber der SCHUFA anvertrauen. Das ist schlicht eine Frage des Vertrauens!

Prof. Riekhof: Andererseits gibt es durch das Internet auch vollkommen neue Formen der Kriminalität, etwa den Identitätsdiebstahl. Wie groß ist diese Gefahr heute, die von dieser Art der Kriminalität ausgeht, und wie kann man sich als Privatperson hier schützen?

Dr. Freytag: Neben vielen Chancen gibt es auch Schattenseiten der digitalen Welt. Cyberkriminalität bedeutet eine große Herausforderung. Der Schaden durch Betrug beläuft sich allein im E-Commerce auf über 2,5 Mrd. Euro. Ein besonderes  Problem ist der von Ihnen angesprochene Identitätsdiebstahl, bzw. der Missbrauch von Identitäten zum Zwecke des Betrugs. Nach einer von uns in Auftrag gegebenen repräsentativen Studie hat jeder zehnte der befragten Verbraucher bereits die Erfahrung gemacht, dass Dritte in seinem Namen Waren im Internet gekauft haben! Wir befassen uns intensiv mit dem Thema und bieten bereits verschiedene Lösungen für Wirtschaft und Verbraucher.  Insbesondere für E-Commerce-Unternehmen bewerten wir mit DeviceSecure die Betrugswahrscheinlichkeit des für eine Bestellung verwendeten Endgerätes. Mit dem SCHUFA FraudPool bieten wir Kreditinstituten eine Lösung zum datenschutzkonformen Austausch von Informationen zu Betrugsverdachtsfällen. Verbraucher können sich mit unserem UpdateService per Mail oder SMS informieren lassen, wenn Anfragen zu Ihrer Person eingehen und so betrügerische Aktivitäten früh erkennen. Der SCHUFA IdentSafe sucht nach unerlaubt im öffentlich zugänglichen Internet veröffentlichten Daten und hilft bei der Bereinigung. Menschen, die bereits Opfer von Identitätsbetrug geworden sind, können sich bei uns kostenlos als Identitätsbetrugsopfer registrieren lassen, um sich somit besser vor Wiederholungsbetrug zu schützen. Inzwischen weisen auch öffentliche Stellen und Ämter auf unseren Service hin. Die Schufa schafft das Vertrauen für unkomplizierte und sichere Geschäftsabschlüsse  und hilft Unternehmen wie Verbrauchern, den Datenmissbrauch zu bekämpfen.

Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof: Herzlichen Dank für das Gespräch!