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LbM-Technologien: Welche hat Potential?

Location based Marketing (LbM) ist eines der Marketing-Stichworte der Zukunft. Das Potential standortbezogener Technologien steigt an und ebenso das Interesse an ihnen. Mittlerweile gibt es verschiedenste technischen Optionen der Lokalisierung. Jedoch unterscheiden sich diese auch in ihren Möglichkeiten: einige LbM-Technologien heben sich deutlich von den Standards anderer ab.

Anna-Lina Köhler, die sich im Rahmen einer Studienarbeit an der PFH Private Hochschule Göttingen mit LBM auseinandersetzt, traf einen Spezialisten auf dem Gebiet: Stefan Brinkhoff, Gründer von locandis, dem Startup für Location based Marketing Solutions. Im Interview stellt einige der wesentlichen LbM-Technologien vor und schätzt deren Potential ein.

Anna-Lina Köhler: Wie kann man das Wort „Location“ im Sinne von Location based Marketing definieren?

Stefan Brinkhoff: Die Grundlage von Location based Marketing sind, wie der Name schon sagt, standortbasierte Dienstleistungen. Dabei sind ganz verschiedene Optionen zur Ortsbestimmung vorhanden. Grundsätzlich wird im Kern aber erst einmal zwischen Outdoor- und Indoor-Technologien unterschieden.

Anna-Lina Köhler: Welche Verfahren lassen sich auf Grund dessen den Outdoor-Technologien zuordnen?

Stefan Brinkhoff: „Zu den Outdoor-Technologien zählen die sogenannten Cell Tower. Die Lokalisierung über diese Cell Tower wird hauptsächlich von Anbietern wie der Telekom oder O2 genutzt. Der Mobilfunkanbieter kann die Position des Smartphones durch die permanente Anmeldung  des Kunden in seinem Netzwerk in einem bestimmten Rahmen erkennen und ihm somit eine entsprechende SMS zukommen lassen. Zur Zustellung dieser Benachrichtigung wird keine App benötigt, aber der Mobilfunkanbieter ist auch nur dazu in der Lage, einfache Textnachrichten zu übermitteln. Zwar wird in den USA gerade daran gearbeitet, Rich Text Formate zu unterstützen, jedoch wird das bei Anbietern wie Apple sehr wahrscheinlich keine Verwendung finden.

Anna-Lina Köhler: Wie gut funktionieren diese Cell Tower?

Stefan Brinkhoff: Ein ganz klarer Nachteil der Cell Tower basierten Ortung ist,  dass auf Grund technischer Voraussetzungen die Lokalisierungsgenauigkeit zum Teil sehr stark begrenzt ist – es kann zu Abweichungen von mehreren hundert Metern kommen. In ländlichen Umgebungen gibt es sogar Ungenauigkeiten von mehreren Kilometern. Im besten Fall handelt es sich in urbanen Gegenden um eine Lokalisierungsgenauigkeit, die „nur“ um 500 Metern abweicht. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man das noch Location based Marketing nennen sollte.

Anna-Lina Köhler: Gibt es technische Möglichkeiten, die Genauigkeit der Lokalisierung zu erhöhen?

Stefan Brinkhoff: Die Präzision lässt sich grundsätzlich durch die Verwendung einer App deutlich erhöhen, da hier eine GPS-Lokalisierungsfunktion verwendet wird. Die Standard-APIs der Smartphone-Hersteller schaffen es so, bei einer im Hintergrund laufenden App die aktuelle Position des Users mit einer Genauigkeit von 50 bis 100 Metern zu bestimmen. Leider muss man aber immer wieder feststellen, dass die Lokalisierungsfunktion auch im urbanen Raum meist noch nicht ausreichend ist.

Anna-Lina Köhler: Woran liegt das?

Stefan Brinkhoff: Wenn es in Deutschland eine flächendeckende WiFi-Infrastruktur gebe, könnte man auch ohne eine App über eine über WiFi-lokalisierte Funktion, die zusätzlich Trilaterationsverfahren nutzt, den Kunden lokalisieren. Bis es aber soweit ist, wird es vermutlich noch einige Jahre dauern, so dass heutzutage WiFi-Lokalisierung hauptsächlich in den Innenbereichen von Gebäuden wie etwa in Shopping-Malls eingesetzt wird. Hier lassen sich dann anonymisierte Heat-Maps des Laufverhaltens der einzelnen Kunden aufzeichnen. Für eine individuelle Kundenansprache – das ist ganz wichtig – eignet sich dieses Verfahren aber nicht.

Teilweise fragwürdige Verfahren bei der LbM-Technologie

Anna-Lina Köhler: Damit sind wir also im Bereich der Indoor-Technologien. Welche weiteren Verfahren sind hier außerdem in Gebrauch?

Stefan Brinkhoff: Des Weiteren gibt es noch die Magnetfeldmessung im Innenbereich. Hierbei wird versucht, die spezifischen Charakteristika eines Gebäudes in Bezug auf sein Erdmagnetfeld auszunutzen, um eine Kundenlokalisierung vorzunehmen. Bei dieser Methode wird das Gebäude mittels „Fingerprinting“ eingemessen, und im Anschluss kann dann eine Lokalisierung über das Magnetometer des Smartphones erfolgen. Nachteilig ist aber auch hier,  dass vor allem die Genauigkeit der Lokalisierung oftmals ungenügend ist, da sich die Gegebenheiten des Erdmagnetfeldes durch vielfältige Störeinflüsse häufig ändern. Ein weiteres, in Deutschland unter Datenschutzgesichtspunkten allerdings höchst fragwürdiges Lokalisierungsverfahren ist die Lokalisierung über nicht hörbare Audiofrequenzen, die über das Retailer-Soundsystem ausgestrahlt und vom Mikrofon des Smartphones verarbeitet werden. Wesentlich für Location based Marketing sind seit einiger Zeit auch kleine Bluetooth-Sender, die sogenannten Beacons. Sie arbeiten mittels Bluetooth-Signalen und werden sowohl von Apple als auch von Google über alle Betriebssysteme hinweg unterstützt.

Anna-Lina Köhler: Welche dieser Technologien ist aus Ihrer Sicht die zukünftig am erfolgversprechendste?

Stefan Brinkhoff: Die Beacons sind aus meiner Sicht die aktuell vielversprechendste Technologie in diesem Bereich. Ein entscheidender Vorteil liegt hier in der Tatsache, dass das Verfahren „permission-based“ erfolgt. Der Kunde gibt also aktiv sein Einverständnis zur Lokalisierung. Außerdem liegt die Lokalisierungsfunktion mit einer Präzision von ungefähr 1,5 Metern deutlich über den Standards der anderen LbM-Technologien. Da das Verfahren am zuverlässigsten über eine App auf dem Kunden-Smartphone funktioniert, wird eine Kundenansprache möglich gemacht, die individuell, situativ, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und vor allem personalisiert erfolgen kann.

Anna-Lina Köhler: Wo liegt die maximale Beacon-Dichte? Können sich die Radien dabei überlappen, oder sollte man das am besten vermeiden?

Stefan Brinkhoff: Grundsätzlich findet vor allem in kleinen Räumen eine Überlappung der Funksignale statt. Das geschieht häufig auch schon alleine auf Grund von Reflexionen. Überlagerungen kann man daher nicht ausschließen. Sie sind aber auch nicht weiter als dramatisch zu betrachten.

Auswirkungen auf den Akkuverbrauch des Smartphones

Anna-Lina Köhler: Für viele LbM-Technologien wie die Beacon-Technologie wird im Zusammenhang mit einer App meistens von den Nutzern gefordert, dass die Bluetooth-Funktion ihres Smartphones eingeschaltet sein muss. Das wirkt sich wiederum häufig auf den Akkuverbrauch des Smartphones aus. Wie ist das bei der locandis Technologie?

Stefan Brinkhoff: Ja, wir haben von manchen Kunden auch schon gehört, dass bestimmte LBM Lösungen den Akkuverbrauch sehr in die Höhe treiben. Wir bei locandis nutzen unter anderem ein sogenanntes „silent tracking“. Unsere Lösungen sind so umgesetzt, dass auch bei erforderlichem Bluetooth-Gebrauch die Akkuleistung nicht beeinträchtigt wird. Das liegt unter anderem auch daran, dass die App zu ihrer Zweckerfüllung nicht geöffnet sein muss.

Anna-Lina Köhler: Im Bereich-Indoor Lokalisierung  bietet Philips eine auf Licht basierte Lösung der Lokalisierungsfunktion an. Warum sind Ihrer Meinung nach Beacons trotzdem die bessere Lösung?

Stefan Brinkhoff: Die Infrastrukturkosten sind bei der lichtbasierten Lösung von Philips vollkommen anders. Während Beacons einfach an der Decke anzubringen sind, muss bei Indoor-Lokalisierung von Philips das komplette Lichtsystem ausgetauscht werden. Neben dem hohen Kostenunterschied besteht außerdem der wesentliche Nachteil, dass die Indoor-Navigation bei der lichtbasierten Lösung nur dann funktioniert, wenn die App auf dem Smartphone des Kunden auch geöffnet ist. Bei der Beacon-Technologie wird das nicht gefordert, und die App kann auch geschlossen sein. Wir gehen davon aus, dass das einen wesentlichen Einfluss auf die Kundenakzeptanz hat.

Anna-Lina Köhler: Abschließend die Frage, welche Bedeutung messen Sie Location based Marketing und dessen Technologien für die Zukunft bei?

Stefan Brinkhoff: Location based Marketing wird zunehmend bedeutungsvoller. Denn Werbung erzeugt gerade bei der jüngeren Generation dann Relevanz, wenn sie im richtigen Kontext ausgestrahlt wird. Und das wird durch Location based Marketing Technologien wie etwa Beacons erst möglich gemacht.

 

Stefan Brinkhoff, locandis Gründer, im Gespräch mit Anna-Lina Köhler