Buchtipp No. 43 (2020): JULIA EBNER: RADIKALISIERUNGSMASCHINEN. WIE EXTREMISTEN DIE NEUEN TECHNOLOGIEN NUTZEN UND UNS MANIPULIEREN

Einblicke in eine fremde Welt: Extremismus-Forschung live.

Eine Besprechung von Julia Ebner: Radikalisierungsmaschinen. Wie Extremisten die neuen Technologien nutzen und uns manipulieren.

Berlin 2019.

Von Hans-Christian Riekhof

Jan Böhmermann über das Buch von Julia Ebner: „Spannend, erhellend, erschütternd.“

Diese drei Begriffe bringen recht gut auf den Punkt, was den Leser erwartet. Es geht um eine Welt, die vielen von uns ziemlich fremd sein dürfte: die Medien und Gruppen, in denen Extremisten ihre Ziele verfolgen. Es geht um Gruppierungen und Plattformen, deren Namen ich vorher zumeist nie gehört habe und bei denen ich eigentlich wenig Lust verspüre, sie näher kennen zu lernen.

Julia Ebner ist es gelungen, sich in zwölf dieser Gruppierungen einzuschleusen und einen detailreichen Erfahrungsbericht zu verfassen, und wir begleiten sie auf ihrem Weg zu Hackern, Trollen, Verschwörern und Fundamentalisten. Günter Wallraffs Undercover-Arbeit bei der BILD Zeitung war dagegen eher ein Kinderspiel.

Extremismus-Forschung live

Diese Form der Extremismus-Forschung ist natürlich ein hoch spannendes und auch sehr mutiges Projekt. Sozialforscher würden es vielleicht als teilnehmende Beobachtung bezeichnen: ein Bericht aus der alltäglichen Praxis und der Gedankenwelt radikaler Gruppen, aber von Julia Ebner immer mit einem engen Bezug zu weiterführenden Studien, Berichten und Dokumentationen versehen.

Das Skript der Radikalisierung

Die Autorin entschlüsselt im Rahmen ihrer Nachforschungen das Skript der Radikalisierung: auf die Rekrutierung folgen die Sozialisierung und Kommunikation, es schließen sich Vernetzung, Mobilisierung und Angriff an. Es wird sehr deutlich, dass klare Muster und sich wiederholende Prozesse erkennbar sind. Der Grad der Professionalisierung und die Offenheit gegenüber neuen Technologien und sozialen Medien, um sie für die eigenen Zwecke zu nutzen, sind bemerkenswert.

Was tun?

Julia Ebner zieht eine nüchterne Bilanz. Sie sieht sehr klar, dass Extremisten bereit sind, die neuesten Technologien sehr schnell für ihre Ziele zu instrumentalisieren, und das auf eine sehr konsequente Art und Weise. Sie ermahnt uns, viel genauer hinzusehen, wie technologische Entwicklung und manche Folgen des gesellschaftlichen Wandels miteinander verquickt sind und für Radikalisierungsstrategien genutzt werden können. Und sie zeigt auch anhand einiger interessanter Beispiele auf, wie wir selbst die neuen Technologien nutzen können, um wirksame Gegenstrategien zu lancieren. Aber das wird nicht ausreichen: hier gibt es einen klaren Handlungsbedarf.

 

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